Hier braut sich nichts zusammen

■ Die Schwankhalle wird vorerst nicht zum Kulturzentrum ausgebaut / Ortsamtsleiter droht mit Rückzug aus Agenda-Prozeß

In dem fensterlosen 200-Quadratmeter-Raum ist es feucht und muffig. Die Shakespeare-Company hat hier ihre Probebühne aufgebaut, auf den Klappstühlen liegen Sitzkissen gegen die Bodenkälte. Der gekachelte Boden stammt noch aus der Zeit, als hier die Bierfässer der Brauerei Remmer ausgeschwenkt und gereinigt wurden. Die Tür zum zweiten Stock liegt in luftigen sechs Metern Höhe – eine Treppe gibt es nicht mehr.

Die Schwankhalle, direkt neben der Städtischen Galerie im Buntentorsteinweg, droht zu verfallen. „Hier braut sich was zusammen“, verspricht ein großes Transparent der Bremischen, der Besitzerin des Gebäudes und potentielle Saniererin der nicht denkmalgeschützten Halle. Doch das Transparent hängt nun schon lange. Und es wird wohl weiter hängen, ohne daß sich auf dem Filetgrundstück mitten in der Bremer Neustadt etwas tut. Anfang der Woche einigten sich Kultursenatorin Bringfriede Kahrs und die neue Leiterin des „Kulturbüros“, Margit Hohlfeld darauf: Die Schwankhalle wird vorerst nicht renoviert.

Der Leiter des Ortsamtes Neustadt, Klaus-Peter Fischer, ist ob dieser neuen Absprachen mehr als enttäuscht. Seit Jahren versucht nun sein Ortsbeirat, die Schwankhalle mit sozio-kulturellem Leben zu füllen. Zuerst sollte der Martins-club hier einziehen, die Idee ist inzwischen passé. Inzwischen gibt es eine Expertise, die eine Mischnutzung von verschiedenen Gruppen vorschlägt: Theatergruppen, Künstler, Veranstalter könnten den großen Raum im Erdgeschoß nutzen. Die Büroräume im zweiten Stock könnten für stadtteilnahe Gruppen, als Werkstätten oder Seminarräume ausgebaut werden. Der Bedarf im Stadtteil ist da – ein Bürgerhaus gibt es in der Neustadt nicht.

1996 entschloß sich der Beirat, den gesamten Jahresetat für eine notdürftige Sanierung zu verwenden. Der Entschluß war im Beirat nicht unumstritten. Doch mit der 160.000-Marks-Investition hatte Fischer die Zukunft der Halle auf die politische Tagesordnung gesetzt. Und um die Wichtigkeit des Projekts noch zu unterstreichen, wurde der Ausbau der Schwankhalle als „Schlüsselprojekt“ für die “Lokale Agenda 21, Nachhaltiges Quartier“ benannt. Doch die Kulturbehörde ziert sich mit dem Blick ins Portemonnaie.

Bis zu zwei Millionen Mark könnte die Gesamt-Sanierung kosten, auch wenn viele Kenner der Materie von weitaus geringeren Kosten ausgehen, falls ABM und BSHG-19-Stellen den Ausbau organisieren. Doch die Sanierungskosten sind es nicht, wovor die Kulturbehörde zur Zeit zurückschreckt. Vielmehr ist es die Angst, den Unterhalt der Halle später nicht mehr tragen zu können. Denn mit einem Pförtner oder Hausmeister alleine wäre es nicht getan. Wer die Halle wieder mit kulturellem Leben füllen will, muß auch Leute einstellen, die das Leben organisieren. Vielleicht schwingt auch die Sorge davor mit, daß sich unaktive Gruppen nur ein warmes Nest bauen wollen. Und das könnte teuer werden.

Ortsamtsleiter Fischer aber ist sauer. „Wenn dieses Schlüsselprojekt jetzt wieder auf die lange Bank geschoben wird, muß man sich in der Neustadt langsam ernsthaft fragen, ob wir uns nicht deutlich aus dem Agenda-21-Programm zurückziehen“, droht er. Einerseits in großen Worten vom Modell-Stadtteil Neustadt zu reden, aber andererseits nichts dafür zu tun – das sei nicht genug. „Ich habe nicht die Arbeitskraft, um jahrelang einem Phantom hinterherzurennen.“

Daß vor der Bürgerschaftswahl noch eine Entscheidung fällt, damit hatte ohnehin niemand gerechnet. Auch der neuen Kulturbüro-Leiterin gönnen alle Beteiligten ihre Einarbeitungszeit. Bis Ende des Jahres aber muß klar sein, wie es weitergeht: Sonst gehen inzwischen zugesagte Renovierungsgelder der Stiftung Wohnliche Stadt endgültig verloren.

Christoph Dowe