Zwei weitere Grüne treten aus

■  Parteiintern nur vereinzelte Kritik nach der Räumung der Landesgeschäftsstelle der Grünen durch die Polizei. Anzeigen gegen Besetzer werden zurückgezogen.

Aus Protest gegen die polizeiliche Räumung der Grünen-Parteizentrale in der Kreuzberger Oranienstraße sind gestern zwei weitere Grüne aus der Partei ausgetreten. Es handelt sich um zwei Kreuzberger Mitglieder, darunter ein Mitglied des Bezirksvorstandes. Tags zuvor war bereits die Abgeordnete Judith Demba ausgetreten. Zum erstenmal seit ihrem Bestehen hatten die Grünen am Dienstag zur Beendigung einer Besetzung die Polizei eingeschaltet, nachdem die Verhandlungen mit den Besetzern gescheitert waren.

Nur vereinzelt wurde gestern Kritik an dem Polizeieinsatz laut. Die Bezirksgruppe Hohenschönhausen erklärte, „die ,militärische‘ Lösung der Besetzung“ sei „nicht akzeptabel“. Besetzungen seien ein „legitimes Mittel, politische Positionen einzufordern. Polizeiliche Räumungen hätten die Grünen immer als „Kriminalisierung kritischer Positionen“ angesehen. Die Entscheidung des Landesvorstandes könne man „überhaupt nicht nachvollziehen“.

Die Parteilinke Barbara Oesterheld, die die Nacht durch mit einigen Besetzern diskutiert hatte, war gegen den Polizeieinsatz, doch räumte auch sie ein, daß eine äußerst schwierige Situation entstanden sei. „Die Besetzer waren wild zusammengewürfelt und kannten sich zum Teil nicht einmal. Diejenigen, die nicht verhandeln wollten, waren in der Mehrzahl.“ Es habe eine Gruppe gegeben, die nichts anderes gewollt habe, als geräumt zu werden. Mit dem Polizeieinsatz sei sie „nicht glücklich. Das ist niemand von uns.“ Aber auch Oesterheld hätte die Geschäftsstelle nicht ganz und gar den Besetzern überlassen wollen – auch wenn sie die Idee eines Gegen-Informations-Büros „gut und unterstützenswert“ findet.

Die 15 vorübergehend festgenommenen BesetzerInnen wurden von der Polizei erkennungsdienstlich behandelt. Einige, die sich bei der Räumung zu einer Sitzblockade untergehakt hatten, wurden wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt angezeigt. Die Grünen haben ihrerseits angekündigt, die Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs zurückzuziehen. Dies ist innerhalb von einer dreimonatigen Frist möglich.

Falls es dennoch zu Prozessen gegen die BesetzerInnen kommen sollte, werden die Kreuzberger Grünen Geld für die Prozeßko- sten sammeln, kündigte Ingrid Koschmieder von der Kreuzberger Bezirksgruppe an. „Wir fanden die Besetzung gut und richtig“, sagte Koschmieder. Sie bedauerte, daß es keine andere Möglichkeit als die Räumung gegeben habe.

Die BesetzerInnen wollten sich am gestrigen Abend treffen, um ihr weiteres Vorgehen zu besprechen. Dorothee Winden