PDS will die Tür zur SPD nicht zuschlagen

■  Seit Beginn des Nato-Bombardements auf Jugoslawien versucht die PDS, sich als Antikriegspartei zu profilieren und geht auf Distanz zur SPD. Zum großen Bruch wollen es die Linkssozialisten aber auch nicht kommen lassen

Berlin/Schwerin (dpa/taz) – Bis vor drei Wochen war das Verhältnis zwischen PDS und SPD noch in Ordnung. Ostdeutsche Sozialdemokraten warnten zwar vor einem Zusammenrücken beider Parteien. Aber die PDS wurde nicht müde, Signale für eine breitere Kooperation der Linksparteien zu senden. „Der Parteivorstand ist sich im klaren darüber, daß bundespolitische Veränderungen im Sinne der Zielsetzungen der PDS nur mit der SPD und nicht gegen die SPD gelöst werden können“, hieß es nach einer Klausurtagung im Januar.

Nun werfen seit drei Wochen mit Billigung der SPD Nato-Kampfjets Bomben über Jugoslawien ab. Die PDS sucht seitdem die Distanz und versucht sich als die deutsche „Antikriegspartei“ zu profilieren. Zum großen Bruch mit der SPD aber wollen es die Linkssozialisten nicht kommen lassen.

Seit Wochenbeginn hatte sich dabei besonders die Lage in der rot-roten Koalition in Schwerin zugespitzt. PDS-Fraktionschefin Angelika Gramkow schloß am Dienstag ein vorzeitiges Scheitern der ersten SPD-PDS-Landesregierung nicht mehr aus, weil der Koalitionspartner den Kurs der Bundesregierung unterstütze. Mit jeder Zuspitzung des Kosovo-Konfliktes nehme die Zahl der PDS-Parlamentarier zu, die das Schweriner Bündnis in Frage stellten.

In Berlin sinnierte Parteichef Lothar Bisky: Die Partei müsse über das Bündnis in Schwerin nachdenken, wenn die Landes-SPD sich nicht für ein Ende der Angriffe einsetze. Einen Bruch der Koalition hatte Bisky aber ausgeschlossen. So kam es auch: In der Nacht auf den gestrigen Mittwoch einigten sich die Partner nach stundenlangen Gesprächen darauf, das Bündnis fortzusetzen. „Was wäre die Alternative“, fragte PDS-Landeschef Holter in die Runde, um die Antwort gleich selbst zu geben: „Die Wegbereitung für die Neuauflage der Großen Koalition.“

Ob der Streit im Nordosten damit langfristig begraben wurde, ist jedoch offen. Denn mit jedem neuen Bombardement der Nato könnte der Druck der PDS-Basis auf die Architekten des rot-roten Bündnisses um Holter wieder zunehmen. „Krieg ist kein Kinderspiel, bei dem man einfach zur Tagesordnung übergehen kann“, beschreibt der Parlamentarische Geschäftsführer der PDS-Landtagsfraktion, Arnold Schoenenburg, den Gemütszustand vieler seiner Genossen.

Auch andernorts gibt es nach wie vor schrille Töne. Die stellvertretende Bundesvorsitzende Gabriele Zimmer unterstrich am Dienstag noch einmal, daß für sie – wohl jedenfalls derzeit – die SPD nicht mehr koalitionsfähig sei. In diese Richtung gehen auch die Überlegungen der PDS, nun einen eigenen Kandidaten zur Wahl des Bundespräsidenten zu präsentieren. „In der Partei herrscht die Meinung vor, daß sowohl der SPD-Kandidat Johannes Rau als auch die CDU-Kandidatin Dagmar Schipanski wegen ihrer Haltung zu den Nato-Bomben auf Jugoslawien nicht wählbar sind“, sagt Bisky. Nun sucht er nach einer Frau oder einem Mann, die sich strikt gegen die Nato-Angriffe wenden – und sich auch nicht zu schade wären, als Zählkandidat zu dienen.

Dennoch setzt die PDS immer noch auf die SPD. Bisky ließ dies gestern durchblicken: „Das Verhältnis hat sich durch den Krieg verändert. Wir müssen aber die Geschichte als Ganzes wahrnehmen. Diese lehrt, daß soziale Veränderungen eher mit der SPD durchzusetzen sind. Die Rechte darf nicht nur deshalb an die Macht kommen, weil sich die Linke zerstreitet.“ Frank Pfaff, Ulrich Scharlack