Arbeitslose zu verleihen

■ Senat gründet Leihfirma als „Brücke zum ersten Arbeitsmarkt“ / GAL mosert: Alles nur Verschiebemasse für die Privatwirtschaft Von Silke Mertins

Vom guten Geschäft der Zeitarbeitsfirmen will Hamburgs Sozialsenatorin Helgrit Fischer-Menzel auch profitieren – zugunsten der Arbeitslosen natürlich. Durch die gestern im Senat abgesegnete neue Leiharbeit-Gesellschaft „Lokaler Service für Zeitarbeit GmbH“ (LOS) soll nicht Gewinn die leeren Staatskassen füllen, sondern Langzeitarbeitslosen der Sprung auf den ersten Arbeitsmarkt erleichert werden: Private Betriebe können sich gegen Gebühr LOS-Angestellte borgen und bei Gefallen auch gleich ganz behalten.

Diese Fortsetzung der ABM-Politik mit anderen Mitteln gefiel der Wirtschaft genauso wie den ArbeitnehmerInnen-Vertretungen. Neben der Hansestadt sind als LOS-Gesellschafter die Handelskammer, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Angestelltengewerkschaft und die Nordelbische Kirche vertreten, die in seltener Eintracht den „innovativen Ansatz“ hochlobten.

Neu ist die Idee allerdings keineswegs: In den Niederlanden wird sie seit 20 Jahren praktiziert. Nachdem auch NRW die Leiharbeit-Idee modellerprobte – und einen sensationellen Erfolg von 46 Prozent in den ersten Arbeitsmarkt Vermittelte vermelden konnte –, traut sich nun auch Hamburg. Gestern wurde die hanseatische Variante in einem Gruppenbild (die Herren der Verbände) mit Dame (Senatorin Fischer-Menzel) vorgestellt.

90 registrierte und schwervermittelbare Arbeitslose will LOS fest einstellen, um sie jeweils für mindestens vier Wochen privaten Unternehmen zu überlassen. Ein Manteltarifvertrag soll außerdem garantieren, daß den LOS-Beschäftigten Weihnachts- und Urlaubsgeld nicht vorenthalten wird. Die erwirtschafteten Gewinne sollen in Qualifikationsmaßnahmen während der „verleihfreien Zeit“ gesteckt werden.

LOS diene als „Brücke zum ersten Arbeitsmarkt“, hebt Fischer-Menzel stolz die Vorzüge hervor. Bei 200.000 Mark Anschubfinanzierung soll sich in spätestens zwei Jahren die Leiharbeitfirma selbst tragen und 400 bis 500 Arbeitslose in den ersten Arbeitsmarkt LOSwerden.

Über frauenspezifische Aspekte – auch auf dem ABM-Arbeitsmarkt werden weibliche Arbeitslose benachteiligt – hat sich die Runde allerdings noch keinen Gedanken gemacht. Wenig Beifall spendete indes der arbeitsmarktpolitische Sprecher der GAL, Andreas Bachmann. Mit LOS entstehe nur eine weitere Firma, „die Arbeitslose zur Verschiebemasse für das Interesse der Unternehmen an kurzfristiger und flexibler Beschäftigung macht“. Und das sei schlicht ein Beitrag zur „Deregulierung und Absenkung der Standards“ auf dem ersten Arbeitsmarkt.