Nach dem Sex

■ „Mit Sicherheit“: Missfits im Tivoli

Schon mal über Damenanzugsjacken nachgedacht? Bei denen ist die Taille da, wo bei der Entertainerin Gerburg Jahnke etwas rauskommt. Außerdem sorgen die Abnäher am Rücken für jene verkrampfte Haltung von Frauen, die ihnen einen Vorteil beim Zigarettehalten auf Stehparties verschafft und ihre idiotische Sitzhaltung beim Autofahren erklärt (“mit der linken Titte kannst Du mühelos hupen“).

Darum tragen Missfits bei ihrem neuen Programm Mit Sicherheit auch Herrenanzüge, mit denen können sie sich wenigstens in die Welt hinaus wagen. Außerdem brauchen sie sie auch bei den Damen-Psychosen, Vamp-Traumata und Hausfrauen-Syndromen, die sie jetzt auf die Tivoli-Bühne bringen. Die neurosengeplagten Frauen auf der Suche nach Sicherheiten im Chaos des ausgehenden Jahrhunderts nimmt man dem Powerduo – trotz Spaßfaktor – kaum ab. Nur eine Angst könnte auch ihre eigene sein: um die 40 – oder wenn die 40 um sind –, überhaupt keinen geeigneten Mann mehr zum „Ficken“ zu finden. Gerburg benutzt das Wort deshalb so gern, um wenigstens mal drüber geredet zu haben. Schließlich kommt Sex in ihrem Leben nicht mehr vor, weil sexy Lack-string-Tangas Schwitzwasser hinterlassen und Boxershorts mit Elefanten auch keine Alternative sind. Weil Männer überhaupt lieber Hochhäuser und Brücken bauen oder zum Mond fliegen, bloß weit weg.

Bemerkenswert, wie die anwesenden Herren all die Spitzen gegen das männliche Geschlecht mit schallendem Gelächter goutierten. Aber von Missfits nimmt man sogar Schüttelreime oder Kalauer in Kauf. Das liegt einerseits an der ungeheuren Spiellust der beiden Ruhrpottlerinnen (“wir leben in Oberhausen mittlerweile über Tage“), andererseits an der Interaktion mit dem Publikum. Rotschopf Jahnke („die Übergangsfrisur trage ich seit zehn Jahren“) amüsiert sich köstlich über sich selbst, während die lautstarke Bohnenstange Stephanie Überall mit Vehemenz Grimassen schneidet. Probleme im Alter tauchen da nur auf, wenn das Diaphragma festgewachsen und der Eierlikör alle ist.

Stefanie Heim

bis zum 1. Mai, morgen, 19 Uhr, sonst Di bis So, 20 Uhr (am 25.4. keine Vorstellung), Schmidts Tivoli