Nicht mehr tragfähig

Ausgefranste Schraublöcher, instabile Beschläge: Gerade Schränke und Regale überstehen oft den ersten Umzug nicht  ■ Von Christoph Ruf

Wer umzieht, hat Unbill. Von den etwa 127 FreundInnen, die „selbstverständlich“ ihre Mithilfe angekündigt hatten, erscheint lediglich ein Häufchen. Der fest zugesagte Transporter gibt ausgerechnet am Tag vor dem Ereignis den Geist auf, und hat man auf Kosten eines mittelgroßen Kreditvolumens endlich Ersatz gefunden, erweist sich die eigene Fahrlässigkeit als fatal: Die Waschmaschine hätte man abpumpen sollen, dann wäre die einzige Jeans, die nicht in irgendeinem Umzugskarton verschollen ist, jetzt nicht klatschnaß.

Sitzt man dann schließlich zwischen den neuen vier Wänden, beginnt der Tragödie zweiter Teil. Den Wiederaufbau des Schrankes verhindert das Fehlen entscheidender Schräubchen, die sich in den kratergroß ausgefransten Gewinden ohnehin ein bißchen verloren gefühlt hätten. Das Bücherregal erweist sich aus ähnlichen Gründen ebenfalls als nicht mehr tragfähig, und spätestens jetzt erschließen sich die Freuden der Seßhaftigkeit: nie wieder umziehen.

Ob Möbelstücke einen Umzug, also das Auseinander- und Zusammenschrauben, überstehen, ist letztlich eine Frage des Geldes. Sagt Thomas Schneider von „Huckepack-Umzüge“: „Es gilt die Faustregel: Je teurer, desto stabiler“, verkündet er die traurige Nachricht. „Die Sachen von „Ikea“ überstehen oft den ersten Umzug nicht.“ Ganz so will Peter Hardetzki von „Zapf-Umzüge“ das nicht stehen lassen: „Auch bei Ikea gibt es Qualitätsstufen. Wenn Sie dort einen Schrank für 2000 Mark kaufen, ist der nicht schlechter als anderswo.“ Billiges Mobiliar sei generell wenig empfehlenswert.

Es sei denn, es kommt von „Ikea“. Meint jedenfalls Yvonne Maerz, Sprecherin im Hamburger Ikea-Servicecenter: „Beschwerden über die Beschaffenheit des Materials haben wir so gut wie nie. Im Gegenteil: Auch die günstigeren Sachen wie das ,Ivar'-Regalsystem werden von den Kunden wegen ihrer Stabilität geschätzt.“ Zu schaffen machen ihr eher Beschwerden über „fehlende Schrauben“.

Willi Schrott ist Chef von „Acero-Möbel“, fertigt zum großen Teil Einzelstücke und bietet Tische und Stühle mit lebenslanger Garantie an. Auf Schränke würde er das Ewigkeitsversprechen zwar nicht geben, verbürgt sich aber für die Umzugstauglichkeit: „Wir verwenden beispielsweise keine Spanplatten“, erklärt er. „Spanplatten leiern mit der Zeit aus und die Beschläge halten darin schlechter.“

Auf Massivholz schwört auch Thomas Conradi von „Treibholz“, bis hin zur Verschraubung: „Schraubgewinde aus Holz sind stabil und belastbar. Damit kann man zehnmal umziehen.“ Ein Musterbeispiel an Standfestigkeit sei ein „Treibholz“-Bett aus Erlen- und Buchenholz. Das, erzählt Conradi, werde häufig für Fotoaufnahmen an ein Studio nebenan verliehen, und „das ständige Hin und Her hat nicht die geringsten Spuren hinterlassen“.

So ausgefeilt die Herstellung auch ist – soll das gute Stück den Umzug unbeschadet überstehen, ist, da sind sich Spediteur und Möbelfabrikant einig, Eigenverantwortung nötig. „Zapf“ hat eigens einen Ratgeber für Umzugswillige ins Internet gestellt („Tip 4: Klug packen“) und auch Thomas Conradi sind „hauchdünne Verpackungen“ für seine Möbel ein Greuel. Wird bei aller Sorgfalt dennoch etwas beschädigt, ist es von Vorteil, wenn der Transporteur gut versichert ist: „Es gibt Unternehmen, die versprechen eine Rundum-Versicherung – außer für gebrauchte Möbel“, erzählt Peter Hardetzki von schwarzen Schafe der Branche. Die Seriösen seien hingegen in der AMÖ-Fachvereinigung, zu erkennen am orangen Känguruh im Logo, zusammengeschlossen. Versichert ist man dort gegen Schäden bis zu 1200 Mark pro Kubikmeter – allerdings nicht gegen fehlende HelferInnen und auslaufende Waschmaschinen.