Ganz besonders schwere Schuld

■ Pitbull-Räuber zu dreieinhalb Jahren wegen schweren Raubes verurteilt

Den Gefängniswärtern in der JVA Moabit wird ein Stein vom Herzen fallen. Nun steht fest,daß der wegen gemeinschaftlichen schweren Raubes angeklagte Mirko H. nicht nur weiter in Haft bleibt, sondern noch dreieinhalb Jahre dazubekommen hat. Denn am zweiten Verhandlungstag gegen den 20jährigen und seinen gleichaltrigen Mittäter, den ehemaligen Bundeswehrsoldaten Alexander B., vor 7. Großen Strafkammer des Berliner Landgerichts kam die Jugendgerichtshilfe zu Wort. Die wohlmeinende Gerichtshelferin hatte sich zu der Behauptung verstiegen, daß die Schließer im Knast ganz betrübt seien, falls man Mirko H. entlassen würde. In der Tat scheint es schwierig zu sein, irgend etwas Positives über den Vorbestraften berichten zu können, der in der Nacht des 11. Oktober 1998 mit seinem Kumpanen den 24 Jahre alten Portugiesen Manuel D. überfallen hatte. Gegen 23.40 Uhr waren die beiden notorischen Trunkenbolde, gut auf Bier, im Bezirk Prenzlauer Berg unterwegs, um irgend jemanden „aufzuhauen“. Zu diesem Zweck hatte sich Alexander B. mit einem Baseballschläger bewaffnet, während Mirko H. seinen Pitbull dabei hatte. Als sie den Portugiesen sahen, hetzte Mirko H. seien stummelbeinige Kampfmaschine mit den Worten „Faß!, Faß!“ auf den Mann. Der Pitbull erfüllte den Auftrag seines Herrchens, indem er sich auf Manuel D. stürzte und zunächst seine Zähne in dessen Oberschenkel grub.Als D. am Boden lag, bedrohten sie ihn mit dem Baseballschläger, schlugen ihm mit der Faust ins Gesicht und forderten Bargeld. Nachdem Manuel D. ihnen etwa siebzig Mark ausgehändigt hatte, rissen sie ihm noch seine Kette vom Hals.

Warf schon die Art und Weise der Tatbegehung ein bezeichnendes Licht auf die feige Gesinnung der beiden, boten sie auch vor Gericht ein klägliches Bild. Kleinlaut nuschelnd versuchte einer die Schuld auf den anderen zu schieben, und wenn es irgendwie möglich gewesen wäre, hätten sie wahrscheinlich den Pitbull bezichtigt, das Verbrechen alleine und von sich aus begangen zu haben. Und da Hunde, insbesondere derartige Beißmaschinen, gewöhnlich eingeschläfert werden, wenn sie einen Menschen angegriffen haben, während das verantwortliche Herrchen mit einer relativ milden Freiheitsstrafe davonkommt, mußte man im Hinblick auf Mirko H. permanent den aufkeimenden Wunsch unterdrücken, die übliche Bestrafung umzukehren.

Die ausschließlich aus Frauen bestehende Kammer unter der Vorsitzenden Gabriele Eschenhagen schenkte Mirko H. nichts. DieTatsache, daß er knapp vier Wochen zuvor auf Bewährung aus der Haftanstalt wegen des gleichen Delikts entlassen worden und dadurch um eine zeitraubende Haftstrafe herumgekommen war, veranlaßte die Vorsitzende immer wieder zu heftigen Vorhaltungen: „Sie darf man gar nicht mehr freilassen! Sie sind gemeingefährlich, hielt sie Mirko H. vor.

Die Staatsanwältin rügte in ihrem Plädoyer insbesondere die „menschenverachtende Art und Weise“ der Tat. Empfindungendungen habe der Angeklagte nur gezeigt, als er berichtete, daß ihn seine Mutter nicht in der Haft besucht hatte. Erst da seien Tränen gerollt. Das zeuge von einer absoluten „Egalhaltung“ gegenüber den Empfindungen anderer Menschen und damit von einer völlig verqueren Gefühlswelt.

Aufgrund der besonderen Schwere der Schuld und den offensichtlich schädlichen Neigungen, die bei dem Angeklagten erkennbar seien, beantragte die Staatsanwältin gegen Mirko H. eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten. Für den Mitangeklagten Alexander B. hielt sie eine dreijährige Freiheitsstrafe für angemessen.

Das Gericht verurteilte nicht nur Mirko H. zu dreieinhalb Jahren Haft, sondern auch Alexander B. zu einem Jahr Gefängnis auf Bewährung. Peter Murakami

taz-Berlin-Reporter von 84 bis 86