„Ich habe keine Macke“

■ Seit über einem Jahr arbeiten 11- und 12jährige SchülerInnen in Obervieland an DITAMIC – einem Musical-Theater von und für Schulkinder / Premiere ist am 23. April

Es ist ein Donnerstag vormittag, 11 Uhr, Pausenraum am Schulzentrum Obervieland. Seit einer Stunde proben an die 15 SchülerInnen an einem Musical-Theaterstück; Thema: Das Leben zwischen Schule und dem richtigen Leben. Oder: Wie doof ist Lehrerin Frau Piepnich. Oder: Mildo Horch ist der Beste. „Ich wäre todunglücklich, wenn ich Aldi-Klamotten tragen müßte“, sagt eine 12jährige Schülerin. Sie kann ihre Rolle auswendig. „Meine Mutter versorgt vormittags 17 Tamagotchis aus der Nachbarschaft ...“.

Ist das Stück wie im richtigen Leben? „Bei uns geht es fast so ab“, sagt eine Schülerin, das gehört nicht zur Rolle. DITAMIC ist der Titel des Musicals, ein Kunst-Name, der Wortstücke von „Diddl“, „Tamagotchi“ und „Titanic“ kombiniert. Die SchülerInnen schauspielern und sprechen und singen mit Begeisterung.

„Das war ein Jahr knochenharte Motivationsarbeit“, sagt der Musiklehrer Rainer Czybulka. An Arbeitszeitkontingente darf man da nicht denken. „Wir hatten am Anfang nix“ im ganzen Schulzentrum, nicht einmal einen Raum, in dem man ein Musical-Theater über Monate proben und aufführen kann.

Ein Pausenraum wurde „umfunktioniert“, Mütter wurden dazu bewegt, in ihrer Freizeit Kostüme und Kulisse zu nähen und bei den proben zu helfen. Eine Lichtanlage mußte besorgt werden, eine Bühne gebaut, und dann ging die Arbeit los. Schulkinder, die vorher als gänzlich unmusikalisch galten, mußten lernen, allein auf der Bühne zu stehen und fetzige Lieder zu singen – „mein kleiner grüner Kaktus“ und den „Tammi-Gotche-Alptraumtanz“. Die Schüler lernen in den Saal sprechen, und was „einfrieren“ bedeutet – wenn auf dem anderen Bühnenteil eine andere Szene gepielt wird.

„Come in and find out“ ist der Untertitel von DITAMIC, und das gilt insbesondere für die Theater-Truppe. Das „Stück“ hat der Lehrer aus den Bruchstücken von Szenen aus dem alltäglichen Leben der SchülerInnen zusammengesetzt, und dann fuhren alle eine Woche in ein Bauernhaus der Kirche in Borchelt.

Jeder durfte sich „seine“ Rolle aussuchen und auch Veränderungen in „seinem“ Text vornehmen. Das gilt für Lehrerin „Frau Piepnich“, eine furchtbar verzopfte Pädagogin zum Weglaufen, wie für Schulleiter Mildo Horch, ein großes Kind, das alle lieb hat und Verständnis bis zum Abwinken. „Wer hat heute noch so ein Engagement“, sagt eine der Mütter bei der Probe und hatte eigentlich nicht die Kinder dabei gemeint, sondern den Lehrer. Aber das eine hängt eben weitgehend vom anderen ab.

Das Stück gibt Gelegenheit für alle möglichen Rollen-Spiele, es macht Spaß und Selbstvertrauen, und am Ende findet Frau Piepnich gegenüber Mildo Holch zu der Einsicht, daß „jeder von uns so eine kleine Macke hat“. Ausgerechnet Mildo widerspricht: „Warum gucken Sie mich so an, Frau Piepnich. Ich habe doch keine Macke.“

Wie im richtigen Musical-Theater endet alles mit der höheren Moral, der Schlußchor singt: „Den richtigen Weg zum eigenen Glück – DI-TA-MIC, come in and find out...“ K.W.

Premiere von DITAMIC ist am Freitag, 23. April, um 19.30 Uhr, im Theaterforum am Schulzentrum Obervieland. Weitere Aufführungen sind am 25. April, um 16 Uhr, am 28. April, um 19.30 Uhr, und auch am 26. Mai im Schnürschuh-Theater geplant.