Immer irgendwie „best of“

■ Zu Besuch bei „Ach die gibt's auch noch“ UB 40 im Gröpelinger Pier 2

Scheiße. Auch das ist schon wieder 20 Jahre her. Damals starb der Punk den ersten seiner vielen Tode, und selbst the great John Peel, der als Radio-DJ in England und über die BFBS auch in Deutschland die Musiktrends setzte, legte seltener den Sound der schrammelnden Gitarren auf. Joe Jackson wurde damals softer – ohne allerdings mit dem Krakeelen aufzuhören. Elvis „jenseits aller Kritik“ Costello gefror für kurze Zeit zum coolsten Eisklotz in der Geschichte der Rockmusik. Und dann war da noch diese ziemlich weiße Gruppe aus Birmingham, die UB 40 hieß und Reggae spielte.

Heute ist die Band um die Brüder Ali und Robin Campbell ein Fall für die „Ach, die gibt's auch noch“-Abteilung. Immerhin schon seit 16 Jahren verbreitet eine Cover-Version namens „Red Red Wine“ Partylaune, und Mrs. Pretenders alias Chrissie Hynde lieh UB 40 für „I got U Babe“ auch schon vor 14 Jahren ihre Stimme. Trotzdem: UB 40 gibt es immer noch. Das insgesamt 18. und dritte Album mit Cover-Versionen aus der „Labour of Love“-Reihe erschien im Herbst. Und auf Tournee gehen die acht bis zehn Musiker aus Birmingham auch gelegentlich.

Was andernorts, also zum Beispiel in der Bremer Glocke, mit viel Trara und Werberummel angekündigt wird, ist in der Pop-Musik ein Selbstläufer. Wenn UB 40 mit viel Equipment nach Bremen reist und im Pier 2 in Gröpelingen auftritt, ist das ein Familienkonzert mit einem kunterbunt gemischten Publikum. Leute, die 1980 schon 30 waren und zu „Madame Medusa“ tanzten, bringen heute halt ihre Kinder mit. Trotzdem haben UB 40 offenbar Nachwuchssorgen. Das Konzert im Pier 2 war zwar relativ gut besucht, doch es hätten auch doppelt so viele Menschen in der Halle Platz gehabt. Von der Band müßte mal wieder etwas wirklich Neues kommen. Vom Sprung aus der „Ach, die gibts's auch noch“-Ecke zu einer Art Comeback sind die in die Jahre gekommenen Jungs jedenfalls weit entfernt.

Mit der Routine von über 20 Jahren Bühnenerfahrung spielen die UB 40s ihr Programm ab. Zu einer hübschen Lightshow darf der Percussionist Norman Lamont Hassan Elvis doublen und wie Bob Marley singen. Oder Astro jagt mit seiner Stimme die „Rat in the Kitchen“ und fordert das Publikum als Animateur zum Mitsingen auf. Aber im Mittelpunkt steht nach wie vor der wie ein frecher Jungen wirkende Gitarrist und UB 40-Lead-Vocalist Ali Campbell. Wenn der erst ein bißchen muffelt und dann seine Hüfte kreiseln läßt, springt auch im Pier 2 für kurze Zeit der Funke über.

Bei einer Band wie UB 40 ist das Programm immer irgendwie „Best of“. Einen Schnitt zu machen, kann und will sich diese Band offenbar nicht leisten. Zumal – abgesehen von den partystimmungs-leichten und -seichten Hits – die ganz alten Stücke heute noch immer frischer klingen. Das gilt allerdings nicht für alle Songs. Ans Ende des Zugabensets setzen UB 40 ihre Version von Peter Toshs „Legalize it“ und landen mit dieser herzlos abgespielten Nummer im Reggae-Museum.

Ihr kifft doch bestimmt auch nicht mehr. Egal. You are so kind, too. Schön, daß es Euch noch gibt. Schön, daß es nicht so voll war. Schön, daß so viel Platz zum Tanzen war. Christoph Köster

Gefühlter Eintrittspreis: 22 Mark; echter Eintrittspreis: 53 Mark