Geheimdienst ohne Beweise gegen PDS

■  Mit harten Fakten kann der jüngste Bericht des Verfassungsschutzes nicht aufwarten. Zwei der beobachteten Gruppen haben sich aufgelöst. Grüne und PDS fordern, die demokratischen Sozialisten nicht mehr zu beobachten

Die Berichte des Landesamtes für Verfassungsschutz über „verfassungsfeindliche Bestrebungen“ in der PDS werden immer kürzer. Der vertrauliche Bericht, den der parlamentarische Verfassungsschutzausschuß am Donnerstag beraten wird, füllt nur noch 13 Seiten. 1994 lieferten die Verfassungsschützer mehr als 250 Seiten über die PDS ab, vor einem Jahr brachten sie gut 40 Seiten über die „extremistischen Gruppierungen in der PDS“ zu Papier.

Mit harten Fakten, die die Verfassungsfeindlichkeit von Teilen der PDS belegen, kann der neueste Verfassungsschutzbericht nach Informationen der taz nicht aufwarten. Der Schwerpunkt liegt diesmal auf den Aktivitäten der Arbeitsgemeinschaft „Junge GenossInnen“, die mit linksradikalen Organisationen, aber auch mit Anti-Atomkraft-Gruppen vernetzt sei.

Über „verfassungsfeindliche Bestrebungen“ des Diskutierzirkels „Kommunistische Plattform“ (KPF) haben die Verfassungsschützer offenbar keine handfesten Informationen. Vielmehr wird aus dem Umstand, daß die KPF teilweise zu denselben Demonstrationen aufruft wie Antifa-Gruppen, ein neues Bedrohungsszenario aufgebaut. Die KPF habe keine Berührungsängste zu militanten Antifa-Gruppen, stellt der Verfassungsschutz fest.

Auch die Erkenntnisse über die Aktivitäten der PDS-Bezirksgruppe Kreuzberg erschöpfen sich darin, daß sie viele neue Mitglieder und viel Zulauf habe. Unter Generalverdacht steht die Bezirksgruppe zudem, weil ihre Räume in der Kreuzberger Dieffenbachstraße von anderen linksradikalen Gruppierungen inner- und außerhalb der PDS als Treffpunkt genutzt werden.

Seit 1991 bearbeitete der Verfassungsschutz die PDS zunächst als „Prüffall“. Auf Anweisung des Regierenden Bürgermeisters Eberhard Diepgen (CDU) wurden seit 1995 vier Arbeitsgruppen der PDS beobachtet: die Kommunistische Plattform, die AG Junge GenossInnen, die AG „Autonome Gruppen in und bei der PDS“ sowie die Kommunistische Arbeitsgemeinschaft. 1996 kamen auf Anweisung von Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) das Forum West und das Marxistische Forum hinzu, ebenso die Kreuzberger Bezirksgruppe der PDS. Der Verfassungsschutz wertet offen zugängliches Material aus, doch sind auch nachrichtendienstliche Mittel erlaubt, also der Einsatz von V-Männern.

Der Abgeordnete Gernot Klemm, der für die PDS im Verfassungsschutzausschuß sitzt, wertete es als „Fortschritt“, daß der Verfassungsschutz in dem jüngsten Bericht zur Kenntnis genommen habe, daß die AG Autonome bereits seit einiger Zeit nicht mehr existiere. Auch das Forum West habe sich inzwischen aufgelöst. „Im Vergleich mit dem letzten Bericht gibt es keine neuen Erkenntnisse“, stellte Klemm fest.

Die Verfassungsschutzexpertin der Grünen, Renate Künast, bezeichnete den Bericht als „dürftig“. „Die Beobachtung der PDS ist durch nichts mehr zu rechtfertigen“, so Künast. Es handele sich in erster Linie um eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für den Geheimdienst. Zudem instrumentalisiere die CDU den Verfassungsschutz für parteipolitische Zwekke. Künast forderte eine Gesetzesänderung: Der Verfassungsschutz solle nur noch Gruppierungen beobachten, die ihre verfassungsfeindlichen Bestrebungen gewaltsam durchsetzen wollten.

Dorothee Winden