Rotierende Handwerker

■ Jobrotation soll Erwerbslosen die Chance bieten, sich zu qualifizieren

Einst gehörte sie zum Markenzeichen grüner Politik, bis sie eines Tages ausgedient hatte. Inzwischen setzt zumindest die GAL wieder auf Jobrotation, diesmal nicht in den eigenen Reihen, sondern auf dem Arbeitsmarkt. Schließlich gelte es, „endlich Ernst zu machen mit dem Schlagwort vom lebenslangen Lernen“, befand gestern Christa Goetsch, bildungspolitische Sprecherin der Hamburger Grünen. Aus diesem Grund zettelt die GAL in der heutigen Bürgerschaftssitzung eine Debatte zum Thema Jobrotation an.

Gemeint ist damit der Versuch, Beschäftigten in kleinen und mittleren Betrieben die Weiterqualifikation zu ermöglichen, ohne daß sie um den Job bangen müssen. Denn statt ihrer kommt befristet eine Ersatzkraft. In den skandinavischen Ländern wurden in den vergangenen zehn Jahren rundweg positive Erfahrungen mit diesem Modell gemacht. Auch in Berlin sind die Ergebnisse vorzeigbar. Seit drei Jahren vermittelt hier die SPI Servicegesellschaft Ersatzleute in Firmen und organisiert Fortbildungen.

Begonnen hat alles mit dem Handwerk. Dort, weiß Gundula Bölke-Zeuner von SPI, „kalkuliert der alteingesessene Meister oft Pi-mal-Daumen und die Ehefrau macht die Buchführung. Betriebswirtschaftliche Kenntnisse hat niemand“. SPI organisierte also Fortbildungen zur „Fachkraft Handwerkswirtschaft“, die von der EU gefördert wurden, und besorgte den Betrieben aus dem großen Pool der Arbeitslosen paßgenaue Stellvertreter, die weiterhin vom Arbeitsamt finanziert wurden und den Arbeitgeber keinen Pfennig kosteten.

103 Erwerbslose kamen so in den Genuß einer befristeten Beschäftigung, 138 Angestellte aus Handwerk, Büro oder Hotelgewerbe konnten sich fortbilden. „Jobrotation bringt allen Nutzen“, lautet Bölke-Zeuners Fazit. So mancher Ersatzmann fand in Berlin auf diese Art sogar einen festen Job.

In Hamburg läuft das Modell hingegen „ein bißchen müde an“, konstatiert Norbert Hackbusch von der GAL. Seit vorigem Jahr kümmert sich der Qualifizierungsträger Zebra hier um die Jobrotation. Vermittelt werden Ersatzleute bisher in eine einzige Firma. Und da Zebra nur mit ABM-Kräften zusammenarbeitet, haben auch nur sie die Chance, Stellvertreter zu werden.

Karin Flothmann