Brücke nach Kopenhagen

Der Fehmarn-Belt-Brücke steht technisch nichts im Wege – sie kann bald Hamburg mit Kopenhagen verbinden  ■   Von Heike Haarhoff

Hamburg (taz) – Die Fähre hat ausgedient. Die Inselgruppen im skandinavischen Ostseeraum zwischen Schweden, Dänemark und Deutschland werden in wenigen Jahren bestenfalls noch von wehmütigen Touristen, die das Meer hautnah erleben wollen, per Schiff bereist werden. In den Köpfen von Wirtschaftsbossen, Politikern und Planern hat längst das Verkehrszeitalter der Brücken und Tunnel zwischen den Umschlagsmetropolen Kopenhagen, Malmö, Stockholm, Hamburg und Lübeck Einzug gehalten.

Nur 19 Kilometer fehlen, um Kopenhagen und Hamburg beinahe in direkter Luftlinie zu verbinden. Seit gestern ist dieses fehlende Stück so gut wie beschlossen: Eine feste Brücke für Straße und Schiene soll künftig die Meerenge zwischen der deutschen Ostseeinsel Fehmarn und der dänischen Insel Rodby überwinden. Die Querung sei „sowohl geologisch als auch ökologisch und technisch machbar und verkehrlich sinnvoll“, erklärte Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Horst Bülck (parteilos). Das habe eine Studie im Auftrag der deutschen und dänischen Regierung ergeben. Die Fehmarn-Belt-Brücke soll die bisherige Fährverbindung „Vogelfluglinie“ ersetzen. Statt 45 Minuten via Fähre wird Dänemark so in 20 Minuten direkt erreichbar sein.

Erst im vergangenen Sommer wurde die Große-Belt-Querung, eine gigantische Brücke für Autos und Eisenbahnen, zwischen den dänischen Inseln Fünen und Seeland feierlich eingeweiht. 4,7 Milliarden Mark ließ die dänische Regierung verbauen. Eine weitere Brücke über den Öresund zwischen Kopenhagen und der südschwedischen Hafenstadt Malmö ist im Bau.

Der neuen Machbarkeitsstudie zufolge sind sieben Varianten zur Querung des Fehmarn-Belts denkbar. Die Route ist jeweils gleich, über die Anzahl der Spuren und darüber, ob es nur eine Straßen- oder Schienenverbindung sein soll oder eine Kombination aus beiden, ist noch zu entscheiden. Die Straße-Schiene-Kombination ist die wahrscheinlichste und wird von Ministerpräsidentin Heide Simonis und Bundesverkehrsminister Franz Müntefering (beide SPD) bevorzugt.

Auch eine Tunnellösung wurde geprüft, doch die käme etwa viermal so teuer wie die Brücke, die mit einem Preis von zehn bis fünfzehn Milliarden Mark veranschlagt wird. Als „transeuropäisches Verkehrsprojekt“ soll das Bauwerk vom Bund und von privaten Baufirmen und Kreditgebern finanziert werden. Schleswig-Holstein, das bis zum Jahr 2010 mit einem Zuwachs des Güterverkehrs von und nach Skandinavien um 41 Prozent und des Personenverkehrs um 45 Prozent rechnet, will sich nicht beteiligen.

Bis zum Sommer sollen Wirtschaftlichkeitsberechnungen vorliegen, Ende des Jahres will Kiel sein Votum in Bonn abgeben, und in sieben Jahren könnten dann die ersten Fahrzeuge rollen.

Dem Verkehrsclub Deutschland (VCD) graust es angesichts solcher Planung. Für nur 500.000 Mark, so seine Berechnungen, könnte man eine „optimale“, das heißt ebenso schnelle und weitaus ökologischere Fährverbindung bauen. Zusätzliche Straßen würden lediglich die Verkehre verdoppeln und die Ferieninsel Fehmarn in Abgasen ersticken lassen, die damit zur Durchgangsinsel würde.

Derzeit ist Fehmarn vom deutschen Festland aus nur über die schmale Fehmarnsund-Brücke erreichbar; über die Insel selbst führt eine Bundesstraße. Auf der Insel hat sich deswegen bereits ein „Aktionsbündnis gegen eine feste Fehrmarn-Belt-Querung“ gegründet, das eine „ornithologische Katastrophe“ ahnt: 35 Millionen Zugvögel müßten ihre Route ändern. „Erhebliche Zweifel“ hat auch Karl-Martin Hentschel, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen, die im Kieler Landtag zusammen mit der SPD regieren. Die Brücke lasse sich nicht „allein privat“ finanzieren und „Einbrüche in der Hafenwirtschaft“ seien zu befürchten. Doch trotz der Bedenken wird der kleine Koalitionspartner das Brückenprojekt wohl kaum blockieren.