Recycling einer totgeglaubten Vision

■ Der Architekt Daniel Libeskind stellt am Freitag sein „Musicon“ und weitere Arbeiten vor

„Bremen braucht Visionen“, sagt der Journalist Friedwart Maria Rudel. Seit zwei Wochen ist er Sprecher des Förderkreises „Musicon Bremen“, den manche Leute schon in der Abteilung „Unerfüllte Träume“ des modernen Bremensien-Antiquariats abgelegt hatten. Doch für Nachrufe ist es noch zu früh. Denn mit einem Vortrag des Architekten Daniel Libeskind am Freitag will der 1991 gegründete Förderkreis kurz vor der Bürgerschaftswahl für den Bau des Konzerthauses „Musicon“ noch einmal laut die Werbetrommel rühren.

Schon 1995 hatte der in Berlin lebende Libeskind einen Architektenwettbewerb des Förderkreises gewonnen. Im Gegensatz zu seinen Museumsbauten – dem Jüdischen Museum in Berlin oder dem Felix-Nussbaum-Museum in Osnabrück – hatte er für Bremen ein leichtes, aus spektakulär ineinander geschachtelten Glaskuben bestehendes Konzerthaus entworfen. Nach seinen Vorstellungen sollte das über 100 Millionen Mark teure Gebäude in der Deetjen-Anlage an der Bremer Bürgerweide einen „neuen urbanen Raum“ schaffen und die Stadt- und Parklandschaft miteinander verbinden.

Trotz (oder gerade wegen?) dieses Entwurfs und mehrerer Gutachten fand der Förderkreis „Musicon“, dem neben dem Ex-Baustaaatsrat Eberhard Kulenkampff weitere vorwiegend ältere Bremer Prominente angehören, bei der Politik kaum Unterstützung. Zwischenzeitlich hatte der Förderkreis sich selbst vom Libeskind-Projekt verabschiedet und präsentierte eine neue Variante, nach der das Konzerthaus mit rund 2.500 Plätzen im alten Postamt 5 am Hauptbahnhof untergebracht werden könne. Doch kurze später fand er wieder Gefallen am Libeskind-Entwurf. Die „Musicon“-Förderer versuchen jetzt, neue Mitstreiter zu gewinnen. Auch ein Internet-Auftritt ist in Arbeit, der von der Bremer Agentur „Die Farm“ gewiß nicht weniger unspektakulär gestaltet wird als Libeskinds „Musicon“ selbst.

Über das Bremer Projekt und weitere „recent works“ wird Daniel Libeskind morgen, 23. April, sprechen. Der bereits mehrfach mit Preisen ausgezeichnete Architekt stellt seine Arbeiten in einem Diavortrag vor. Ob es ihm gelingt, auch die Bremer Politiker umzustimmen und doch noch für das „Musicon“ zu begeistern, stellt sich erst am späten Abend heraus. ck

Freitag, 23. April, 20 Uhr, Vortragssaal der Kunsthalle