Abschiebung ... nicht ohne meine Tochter

■ Will eine Ghanaerin ihre Abschiebung verhindern, indem sie ihre Tochter verstecken ließ? Die Bremer Ausländerbehörde kündigt an: „Wir schieben die Frau auch ohne das Kind ab“

Der Fall Sarah Q. könnte ein Präzedenzfall werden. Die ghanaische Mutter einer achtjährigen Tochter sitzt in Bremer Abschiebehaft. Die abgelehnte Asylbewerberin, seit fünf Jahren illegal in Deutschland, war im Februar im ostdeutschen Rotlicht-Milieu festgenommen und vor gut einer Woche von dort nach Bremen verlegt worden. Doch bereits seit Februar hat die Frau ihre Tochter nicht mehr gesehen. „Der Verbleib des Mädchens ist unbekannt“, bestätigt die Bremer Ausländerbehörde. Die 30jährige Mutter, die vor rund zehn Tagen nach Bremen kam, habe dazu widersprüchliche Angaben gemacht. An keinem der angebenen Orte sei das – ebenfalls ausreisepflichtige – Kind aufzufinden gewesen.

„Natürlich würden wir Mutter und Kind lieber gemeinsam abschieben“, heißt es im Ausländeramt. „Aber wir schieben die Frau auch alleine ab“, so der Leiter der Behörde, Dieter Trappmann. „Wir wissen ja nicht einmal, ob das Kind nicht vielleicht schon in Ghana ist.“ Aus seiner Sicht lautet die zentrale Frage in diesem Fall: „Warum kümmert diese Mutter sich nicht um ihr Kind?“ Zugleich erklärt er, man werde jetzt verstärkt versuchen, den Aufenthaltsort des Mädchens zu ermitteln.

In die Öffentlichkeit kam der Fall durch Ghislaine Valter. Ein ebenfalls inhaftierter Ghanaer hatte die Mitarbeiterin der Asylgruppe Ostertor auf die Landsfrau aufmerksam gemacht. „Es geht ihr nicht gut“, habe er ihr mitgeteilt. „Und es geht ihr wirklich nicht gut. Sie hat Angst, ohne ihr Kind abgeschoben zu werden“, so Ghislaine Valter. „Sarah Q. ist nicht stabil“, bestätigt auch der Sozialbetreuer in der Abschiebehaft, Mohamad Fayez. Er kennt die Frau seit ihrer Ankunft in Bremen nur als „sehr zurückgezogen und ängstlich“. „Mir hat sie gesagt, daß sie sich um das Kind Sorgen macht.“

Rechtsanwalt Hans Meyer-Mews will der Lage der Frau jetzt ein Ende setzen – und ihre sofortige Entlassung erreichen. Die Frage, warum seine Mandantin sich nicht um ihr Kind kümmere, sei nachgerade zynisch. „Wie soll sie, wenn sie in Haft ist?“ schimpft der Anwalt. Man müsse der Mutter Gelegenheit geben, ihr verschwundenes Kind wiederzufinden. „Solange es weg ist, kann man die Mutter auch nicht einfach abschieben“, sagt der Anwalt. „Außerdem ist Abschiebehaft keine Beugehaft. Man darf sie nicht einfach so lange festhalten, bis das Kind irgendwann auftaucht.“ Selbst wenn die Frau den Aufenthaltsort ihres Kindes kenne, müsse sie ihn nicht preisgeben. „Aus ihrer Sicht wahrt die Betroffene lediglich die Interessen ihres Kindes“, so der Anwalt.

Der Sprecher der Bremer Innenbehörde, Stefan Luft, sieht keinen Anlaß, den Fall Sarah Q. zu kommentieren. „Es ist alles rechtens. Und im Moment gibt es ja auch kein Kind“, so Luft. Daß erst vor zwei Jahren der damalige Staatsrat im CDU-geführten Innenressort, von Bock und Polach, der Landesfrauenbeauftragten nach einem anderen Fall zugesagt hatte, man werde Mütter kleiner Kinder künftig nicht inhaftieren – und auch den Kindern die Haft ersparen – ficht ihn nicht an. „Das sind Fälle in der Vergangenheit, die ich nicht kenne.“ Seiner Ansicht nach sei es nicht um die Trennung von Mutter und Kind, sondern um die Inhaftierung von Kindern gegangen.

Die Landesfrauenbeauftragte Ulrike Hauffe mahnt unterdessen eine sorgfältige Prüfung des Falles an. Den Gedanken, die Mutter ohne das Kind abzuschieben, halte sie „für ein Unding“. Eva Rhode