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: Ein radioaktiver Dreifrontenkrieg

Ein riesengroßes Warnsignal für radioaktive Strahlen mitten auf einer Begrüßungsseite muß nicht auf eine neue Bürgerinitiative gegen die Atomkraft hinweisen. Mit diesem Symbol versucht vielmehr der Fachverband für Strahlenschutz e. V. für sich zu werben. Der Verein ist 1966 gegründet worden als deutsche Abteilung der International Radiation Protection Association (IRPA) und sieht heute, 33 Jahre später, mit Sorge in die Zukunft. Die Website unter www.fs.fzk.de/ ist informativ und bietet unter anderem einige nützliche Links zu Publikationen an, die für wissenschaftliche Laien die Kernphysik verständlich machen. Nur das Selbstverständnis der Mitglieder leidet darunter, daß die Zeit der Atombegeisterung auch bei Industrie und Regierung vorbei ist. In der Ausgabe der Vereinszeitschrift von diesem Februar analysiert der Leitartikel einen „Dreifrontenkrieg“. Altgediente Praktiker der Atomindustrie streiten sich mit einer neuen Generation durchaus nicht prinzipiell atomkritischer Experten, die, von Tschernobyl und Gorleben gehärtet, die Flucht nach vorn antreten. Sie fordern Sicherheitsstandards, die in den Augen der hemdsärmeligen AKW-Klempner aus den Pionierzeiten einfach absurd sind. Sobald sich aber auch traditionelle Atomkraftgegner in die Debatte einmischen, die sich hier nun womöglich online mit dem Sachverstand der Fachleute bewaffnet haben, ist das Chaos komplett. In der Not müssen die Modernisierer doch wieder Dekkung suchen bei den Traditionalisten. Sie warnen dann vor einer „Strahlenphobie“ und holen sich ihre Argumente bei der Trivialpsychologie statt bei der Radiomedizin. Nur um ihre Arbeitsplätze müssen sie nicht fürchten. Die sind für die nächsten paar 1.000 Jahre garantiert. niklaus

niklaus@taz.de