Gericht verhindert Vortrag

■ Die türkische Verlegerin Ayse Nur Zarakolu darf nicht nach Bremen ausreisen / An ihrer Stelle berichtet ihr Mann anläßlich des „Welttages des Buches“ über die politische Lage in der Türkei

Die türkische Verlegerin Ayse Nur Zarakolu kann heute abend nicht wie geplant anläßlich des „Welttages des Buches“ im Übersee-Museum ihren für 19 Uhr angekündigten Vortrag „Die Freiheit des Wortes“ halten. Wie die Veranstalter jetzt mitteilten, wurde Zarakolu in der Türkei kurzfristig zu zwei Gerichtsterminen geladen. Würde sie dennoch ausreisen, müßte sie nach Auskunft ihrer Anwälte mit der Vollstreckung eines Sicherungshaftbefehls rechnen. Die Veranstalter äußerten die Sorge, daß Zarakolus Sicherheit gefährdet sei.

Anstelle der Verlegerin wird ihr Ehemann, Journalist und Mitverleger Ragip Zarakolu, im Übersee-Museum über die politische Situation in der Türkei nach dem Rechtsruck bei den jüngsten Wahlen berichten.

Zarakolus Verlag „Belge“ ist der einzige Verlag, der in der Türkei regelmäßig Bücher kurdischer AutorInnen veröffentlicht. Zudem hat sich die Verlegerin wiederholt kritisch mit der Innenpolitik ihres Landes auseinandergesetzt und den türkischen Völkermord an den Armeniern angeprangert.

Viele der von ihr verlegten Bücher wurden daraufhin verboten und beschlagnahmt, mehrfach wurde Ayse Nur Zarakolu zu Geld- und Haftsrafen verurteilt. 1995 wurde ein Bombenanschlag auf den Verlag verübt. Für ihr ungebrochenes Engagement wurde sie drei Jahre später mit dem Freedom to Publish Award der Internationalen Verleger-Union und des Börsenvereins des Deutschen Buchandels ausgezeichnet.

Weil Zarakolu 1992 einen Aufruf von Intellektuellen gegen die türkische Kurdenpolitik unterschrieben hat, wird ihr nun, sieben Jahre später, der Prozeß gemacht. Der jetzt angesetzte Gerichtstermin, der Zarakolus Reise nach Deutschland verhindert hat, soll über das Strafmaß entscheiden. Nach Auskunft der Veranstalter droht der Verlegerin wegen der „Unterstützung separatistischer Bewegungen“ eine einjährige Haftstrafe. taz

Die Veranstaltung mit Zarakolus Ehemann, Lesungen und Vorträgen diverser Autoren sowie Musikprogramm heute abend um 19 Uhr im Übersee-Museum