Wahlkampf auf dem Rücken der Ausländer

■ CDU will „Recht auf Wiederkehr“ für Türken streichen und warnt vor Flüchtlingswelle

Die Forderungen nach Veränderung des Ausländerrechts in der CDU verschärfen sich. Das „Recht auf Wiederkehr“ will Innensenator Eckart Werthebach (CDU) vollständig aus dem Ausländerrecht streichen. Er wolle dies zum zentralen Wahlkampthema machen, kündigte er an. Wer für mehrere Jahre das Land verlasse, soll nach Werthebachs Vorstellung kein Recht mehr haben, in Deutschland zu leben. Damit nahm er laut Berliner Zeitung Bezug auf Kinder türkischer Familien, die in Deutschland eine Zeitlang aufwachsen und dann in der Türkei für eine paar Jahre auf die Schule geschickt werden.

Der innenpolitische Sprecher der CDU, Roland Gewalt, präszisierte im Gespäch mit der taz diese Forderung: „Es gibt nur ein Entweder-Oder. Wenn ein Kind auch nur kurze Zeit in der Türkei auf die Schule geht, ist es in Deutschland nicht mehr zu integrieren.“ Die Eltern müßten sich bei der Erziehung ihrer Kinder für ein Land entscheiden. Diese „Entweder-oder-Regelung“ müsse auch für die türkischen Kinder mit dem sogenannten Doppelpaß gelten. Er forderte, daß dann die Rechte der deutschen Staatsbürgerschaft hinter denen des Ausländerrechtes zurück fallen müßten.

Da man allerdings schwerlich eine Lex Türkei, also ein Gesetz nur für türkische Kinder, durchsetzen könnte, müsse man für Kinder anderer Nationen wie beispielsweise für Amerikaner, die während ihrer Schulzeit oder zur Ausbildung in ihr Herkunftsland zurückgingen, eine Sonderregelung schaffen. Diejenigen, die in Schule und Ausbildung dem deutschen System vergleichbare Abschlüsse in der ursprünglichen Heimat erlangten, dürften dann später wieder in Deutschland leben. „Die Berliner CDU stimmt auf ganzer Linie mit dem Innensenator überein“, sagte Gewalt. Allerdings sind den Landespolitikern die Hände gebunden: Das Ausländerrecht ist Sache des Bundes.

Der Türkische Bund in Berlin-Brandenburg reagierte gestern prompt auf die Äußerungen Werthebachs: „Das eigentliche Integrationshindernis sind die Politik und Politiker wie Herr Werthebach.“

Mit ihren Forderungen will die CDU bei der Bevölkerung aber offenbar die Stimmung für eine zweite Kampagne in Sachen Ausländer schüren, quasi durch die Hintertür. Bei einer Podiumsdiskussion der Konrad-Adenauer-Stifung mit dem Titel „Neue Wege in der Ausländerpolitik“ sagte Werthebach: „Ich habe die große Sorge, daß am Ende des Kosovo-Krieges eine neue Flüchtlingsbewegung eintritt, die bei weitem höher ist, als wir insgesamt nach dem Bosnien Konflikt erlebt haben!“ Der Spitzenkandidat der Berliner SPD, Walter Momper, bezeichnete die Forderungen Werthebachs als „Wahlkampfgetöse zur Unzeit. Er muß auf Bundesebene dafür sorgen, daß unter den Ländern ein fairer Verteilungsschlüssel für die Kosovo-Flüchtlinge gefunden wird.“ Annette Rollmann