Wolfgang Schnur geht zur Bank ...

■ ... aber die Wertpapiere, die er versilbern wollte, sind gefälscht

„Der Demokratische Aufbruch ist für eine rasche Reform des Finanzsystems. Etwa 150 Mrd. Mark haben keine Deckung. Dieses Geld muß auf irgendeine Weise aus den Finanzkreisläufen gezogen werden.“ (DA-Wahlplakat, 1990)

Wolfgang Schnur hat scheinbar den roten Faden verloren. Am Mittwoch startete der ehemalige Vorsitzende des Demokratischen Aufbruchs (DA) einen neuen Versuch, das umzusetzen, was er 1990 als Position seiner Partei zur Volkskammerwahl festgeschrieben hatte. Diesmal ging Schnur nicht den demokratischen Weg. Diesmal ging er direkt zur Bank.

Millionenschwere Wertpapiere gedachte der ehemalige Anwalt diesmal einzusetzen, um Bares aus dem Finanzkreislauf der Bank zu ziehen. Eine Überprüfung der Filiale deckte allerdings auf, daß die Papiere miese Fälschungen sind. Wie die Berliner Polizei bestätigte, wurden Schnur und ein Komplize festgenommen, ein weiterer Verdächtiger konnte fliehen.

Rainer Eppelmann, einst Weggefährte und enger Vertrauter von Schnur beim DA, war gestern mit einer Bewertung vorsichtig. Immerhin könnte Schnur selbst Opfer eines Betrugs geworden sei. „Sollte er von den Fälschungen aber gewußt haben, würde mich das auch nicht wundern“, so Eppelmann gegenüber der taz. Schnur habe finanziell schon immer auf größerem Fuße leben wollen. Für Eppelmann, der Schnur als einen „sehr ehrgeizigen, eitlen Menschen“ beschreibt, ist Schnurs versuchter Aktiencoup „die schnurgerade Fortsetzung eines schlechten Weges“.

In der DDR war der in Rostock ansässige Anwalt häufig Rechtsbeistand für Oppositionelle, Republikflüchtlinge und bei Häftlingsfreikäufen. Durch das dabei anfallende Salär in „harter Mark“ konnte sich Schnur einen Lebensstandard weit über DDR-Norm leisten. In der Kirche stieg Schnur bis zum Vizepräses der Synode der evangelischen Kirche auf. Ende 1989 wählte der DA seinen Mitbegründer zum Vorsitzenden. Kurz vor der Volkskammerwahl kam heraus, daß Schnur ein eifriger Stasi-Spitzel war.

1993 wurde Schnur die Zulassung als Rechtsanwalt entzogen. Bis 1998 arbeitete er als Berater eines Industrie- und Dienstleistungsparks in Berlin. Dessen Chef Peter Barg entließ Schnur allerdings, weil er „meine Geschäftsadresse für eigene dubiose Geschäfte mißbrauchte“. Schnur hat den Faden nicht verloren. Die rote Fadenschnur ist nur am Ende. Nick Reimer, Dresden