Geschichte der Verfolgungen

„Wer redet heute noch von der Vernichtung der Armenier?“ höhnte Adolf Hitler, als er den Oberkommandierenden der deutschen Truppen den Überfall auf Polen ankündigte. Es gelte „unbarmherzig und mitleidlos Mann, Weib und Kind polnischer Abstammung und Sprache in den Tod zu schicken“. Das hatten 24 Jahre zuvor die Türken vorgemacht. Die Regierung habe beschlossen, „alle Armenier, die in der Türkei leben, gänzlich auszurotten. So tragisch die Mittel auch sein mögen, ist, ohne auf die Stimme des Gewissens zu hören, ihrem Dasein ein Ende zu machen“, telegraphierte Innenminister Talaat Pascha der osmanischen Präfektur von Aleppo am 16. September 1915.

Der erste Genozid des 20. Jahrhunderts begann in der Nacht vom 24. auf den 25. April 1915, als in Konstantinopel (heute: Istanbul) mehr als sechshundert prominente Armenier verhaftet wurden. Damit begann ein Völkermord, dem 1,5 Millionen Menschen zum Opfer fielen – fast drei Viertel der im Osmanischen Reiches lebenden Armenier. Schon zwischen 1894 und 1896 wurden 300.000 Menschen dieser christlichen Minderheit, zwischen Rußland, Persien und der Türkei lebend, ermordet.

Nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches entstand eine Republik Armenien – und überlebte ganze zwei Jahre. Sie wurde 1920 Opfer eines Abkommens zwischen der neu entstandenen Türkischen Republik und der Sowjetunion. Armenien wurde Sowjetrepublik und bekam ein neues Problem: Das 1918 entstandene und 1920 von den Bolschewiki eroberte Aserbaidschan. Auf türkischen Druck schlägt die Führung der UdSSR die Exklaven Berg-Karabach und Nachitschewan Aserbaidschan zu. Der Kaukasus gleicht damit einem Flickenteppich – Grundstock für den unversöhnlichen Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien.

1991 wurde er zum offenen Krieg. Bis zum Waffenstillstand 1994 kostete er bis zu 35.000 Armeniern und Aseris das Leben. Die armenische Bevölkerung Berg-Karabachs vertrieb die Aseris nach Aserbaidschan, die Aserbaidschaner Armenier nach Armenien.

Heute ist die Republik Armenien mit geschätzten 3,76 Millionen Einwohnern der kleinste Staat im Verbund der Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS). Für viele Armenier der etwa vier Millionen weltweit verstreut lebenden Armenier ist sie Heimstätte, auch wenn sie sich kaum vorstellen können, selbst in dem wirtschaftlich maroden Staat zu leben. Zu den Bekanntesten gehören der französische Sänger Charles Aznavour (geboren als: Asnawurjan) und Cher (geboren als: Cherilyn Sarkasian), Tochter eines armenischen Vaters und einer indianischen Mutter. taud

Literatur: Taner Akçam – „Armenien und der Völkermord“, Hamburger Edition, Hamburg 1996, 430 S., 48 Mark