Erster Spatenstich im Sommer

■ Die Initiatorinnen für das Frauenwohnprojekt „Bremer Beginenhofprojekt“ suchen Geld, Geld, Geld. Im Gegenzug bieten sie ihren Genossinen ab dem Jahr 2000 feinstes Frauenwohnen in der Neustadt

Neuerdings unterstützt sogar Zeus das Bremer Beginenprojekt.

Aber von vorne: Bremens erstes Frauenwohnprojekt, nach dem Vorbild der mittelalterlichen Beginenhöfe, nimmt von Tag zu Tag mehr Konturen an. Am Donnerstag abend wurde das Bauprojekt erstmals – en Miniature – der Öffentlichkeit vorgestellt, die so zahlreich zum Jürgenshof drängte, daß dreißig draußen bleiben mußten.

Rund 150 Frauen soll der – mit seinen Türmchen bis zu sechsstöckige – Komplex ab Sommer 2000 künftig Wohnraum bieten. Generationenübergreifend sollen sie miteinander leben können. In kleinen Wohnungen, einzeln, in Wohngemeinschaften oder auf „Freundinnen-Etagen“. „Wir haben schon eine tolle Resonanz“, schwärmt Initiatorin Erika Riemer-Noltenius. Darunter auffällig viele alleinerziehende Mütter.

Unter „Resonanz“ fällt auch das Interesse von „Zeus“ an den Beginen-Frauen. „Zeus“ ist das Mobilitätsprojekt der Bremer Umweltbehörde, das den Frauen, die dereinst im Beginen-Wohnprojekt einziehen, vor allem eins bringen wird: Eine erleichterte Teilnahme am Car-Sharing; kleine lila Beginenautos vielleicht. Wenn alles gut geht. 27 Millionen Mark müssen die Frauen insgesamt aufbringen. Darum geht es jetzt vordringlich. Dann kann der erste Spatenstich im Sommer gemacht werden.

Die ersten Hürden haben die Frauen bereits genommen: Aus dem Kern der Fraueninitiative, dem Verein, erwuchs jüngst eine Genossenschaft. Sie wird das rund 6.000 Quadratmeter große Grundstück am Kirchweg, Ecke Hardenbergstraße, kaufen, es bebauen und später einen Teil der Wohnungen, die zur Hälfte als Sozialwohnungen geplant sind, verwalten. Aber zuerst muß bis Mai die Kaufsumme für den Baugrund fließen – in geheimgehaltener Höhe, aufs Konto des jetzigen Eigentümers, das Deutsche Rote Kreuz. Schon im Juli sollen dann die alten Auto- und Lagerhallen hinter dem modernen Comet-Lebensmittelmarkt unter die Abrißbirne kommen. Nur die Sprayer, die jetzt die Wände der Hallen verzieren, werden den Verlust dieser Flächen wohl betrauern.

Die Zeit läuft, also umwerben Erika Riemer-Noltenius und ihre Mitstreiterinnen unermüdlich InvestorInnen. Denn der Zuspruch des Neustädter Beirats allein ist lange nicht alles. Ebensowenig, daß die Neustädter NachbarInnen in den umliegenden Altbremer Häusern die Neuankömmlinge freundllich empfangen wollen, oder daß man im Bauplanungsamt versprach, ein wenig beim Bauordnungsamt nachzuhelfen – falls die Paragraphen geschliffen werden müßten, damit das Ganze rutscht. Auch die drei ABM-Stellen, die dem Projekt mit dem Expo-Siegel „zukunftsweisend“ die Verwaltung und Anwerbung erleichtern, erleichtern eben nur. „Jetzt brauchen wir Geld“, sagt Riemer-Noltenius. „Genossenschaftsanteile kosten bei uns 1.250 Mark.“ Ein solcher Anteil berechtige Frauen, zur Miete einzuziehen. Aber er ist auch Voraussetzung zum Kauf von Wohnraum im Neubau, der, ein Wink an vermögende Ärztinnen, Erbinnen und andere, „ganz wichtig, auch vermietet werden kann.“ Allerdings nur von Frauen an Frauen. So wollen es die Statuten – die auch vorsehen, daß männliche Erben etwaiger verstorbener Besitzerinnen durch ein Vorkaufsrecht der Genossenschaft später nicht zu Beginen-Mitstreitern werden können.

Nach welchen Regeln das Zusammenleben – „wir wollen mehr als ein Nebeneinanderher, aber auch nicht allzu enges Miteinander“ funktionieren soll, werden die Bewohnerinnen später genau festlegen. Doch schon jetzt gibt es Ideen. „Die Bewohnerinnen sollen in ihren Wohnungen sterben können. Das ist ein Menschenrecht“, sagt Noltenius. Dafür wolle sich die Gemeinschaft stark machen. Auch kinderfreundlich soll das Zusammenleben sein – und das ist nicht idealisierend gemeint. Die Mütter mit Kindern werden in einem eigenen Bauteil wohnen – damit die Kleinen lärmen können, ohne mögliche Aushilfs-Omis zu verschrecken. Der Kinderspielplatz ist logischerweise fest eingeplant. Ebenso ein Frauenhotel in einem der aufragenden Türme. Und natürlich ein schöner, grüner Innenhof. „So wie er für die Bauweise der mittelalterlichen Beginenhöfe typisch war.“ Der ist für die Bewohnerinnen. Aber auch für die NachbarInnen im Stadtteil soll's einen neuen Treffpunkt im Freien geben. Für die ideellen Erbinnen der Beginen selbst gibt es weitaus mehr. Im Erdgeschoß des Komplexes sind für sie auch Versammlungsräume vorgesehen. Daneben sollen Gewerbe und Dienstleisterinnen einziehen. „Kindergarten, Krankengymnastin, Ärztin, Friseurin“, listet Riemer-Noltenius die Anwärterinnen auf. Auch eine Galeristin spiele mit dem Gedanken, im Haus auszustellen. Andere erwägen, ein türkisches Bad einzurichten.

Bis auch die letzten Ideen verworfen oder verwirklicht sind, ist es noch ein weiter Weg – der vorläufig mit Informationsveranstaltungen gepflastert ist. Die nächsten öffentlichen Gespräche laufen im Mai, im Domkapitelsaal der evangelischen Kirche am Domshof. ede

Weitere telefonische Informationen unter Tel.: 302 711

Weitere öffentliche Informationstreffen 5. Mai und am 17 Mai um 19 Uhr im Domkapitelsaal.