■ Telekom fusioniert mit Telecom Italia, AT&T vergrößert sich
: Wer soll all die Firmenehen bezahlen?

Gestern gab es wieder eine Großfusion von Telefonkonzernen zu beklatschen: Der US-Riese AT&T will für 115 Milliarden Mark einen relativ unbekannten Kabelnetzbesitzer kaufen. Das ist nur die letzte in einer ganzen Reihe von Firmenehen und feindlichen Übernahmen der Branche, bei denen – meist in den USA – jeweils mehrere Dutzend Milliarden Dollar hin- und hergeschaufelt werden. Auch die Deutsche Telekom will ja durch ihren geplanten Zusammenschluß mit der Telecom Italia in der Liga der Großen mitmischen.

Es ist ein Milliardengeschäft, und trotzdem spielen die sonst so auf Zahlen und Fakten pochenden Konzernchefs dabei die Rolle manchmal recht blümeranter Strategen. Genaue Vorhersagen über die noch recht vage Digitalzukunft kann es ja auch nicht geben. Wer nach den Zielen all dieser Fusionen fragt, muß sich mit Marketingfloskeln von Internetmärkten und dafür nötigen Netzen hoher Übertragungskapazität, von Zukunftschancen und rechtzeitiger Positionierung zufriedengeben.

Einleuchtend ist vielleicht noch das Argument, daß finanzkräftige, weltweit operierende Konzerne lieber ihr gesamtes Datenübertragungsgeschäft mit einem Versorger abwickeln und deshalb lieber einen weltweit operierenden Telefonkonzern wählen als zwanzig kleinere Krauter. Doch müßten bei den Kunden und den zuständigen Wettbewerbshütern eigentlich die Warnlampen aufleuchten, wenn Konzernherren 100 Milliarden Mark und mehr für ein paar Millionen Kabel-Hausanschlüsse ausgeben. Wenn dem Ganzen irgendein betriebswirtschaftlich sinnvolles Denken zugrunde liegt, muß das Geld ja samt entsprechender Verzinsung wieder hereinkommen. Das geht nur, wenn künftig die EinwohnerInnen des globalen Dorfes sehr viel mehr als heute für die Datenübertragung, für Internet und Telefonieren ausgeben. Das kann ihr freier Wille sein, weil sie mehr surfen oder weil sie weltweit arbeiten, online von zu Hause aus. Es kann aber auch sein, daß sie zu Mehrausgaben gezwungen werden, weil die Gebühren für die Übertragung steigen und steigen.

Denn wenn bei all den Fusionen nur noch eine Handvoll bestimmender Telekom-Unternehmen übrig bleibt, dann wäre es denkbar – mit der Unterstellung, daß die Konzernchefs vor allem an ihren Profit denken –, daß die Firmen sich ein wenig im Auge behalten und die Preise nicht allzusehr herunterschrauben. Wie wollen sie sonst die Milliarden für die Firmenehen vor ihren Aktionären rechtfertigen?

Reiner Metzger