Doch ein weicher Kompromiß

GAL-MV fordert befristeten Stopp des Nato-Einsatzes in Restjugoslawien. Anti-Kriegs-Initiative unterliegt nur knapp  ■ Von Sven-Michael Veit

In einer „Schicksalsfrage“ bricht man Beschlüsse eben nicht übers Knie. Mehr als sechs Stunden lang, bis in den frühen Abend, diskutierte gestern Hamburgs Grün-Alternative Liste (GAL) auf einer mit etwa 300 von rund 1500 Mitgliedern überdurchschnittlich gut besuchten Mitgliederversammlung (MV) im Großen Sitzungssaal der Handwerkskammer über ihre Position zum Krieg in Restjugoslawien. Am Ende stand ein weicher Beschluß, der im wesentlichen auf einem Kompromißantrag basiert, den Umweltsenator Alexander Porschke kurz vor Beginn der MV vorgelegt hatte.

Danach halten es Hamburgs Grüne „angesichts der Wirkung und der Folgen“ der Nato-Luftangriffe „nunmehr für richtig, daß die Nato mit einem befristeten Stopp ihrer Bombardierung einen ersten Schritt zum Ausstieg aus der Spirale der Gewalt“ mache. Ziel müsse es sein, „Luftkrieg und Vertreibung, Rückkehr der Vertriebenen und Sicherheit vor ethnischer Drangsalierung zu ermöglichen“. Die Feuerpause solle die Möglichkeit eröffnen, daß die zentrale Rolle der Konfliktbewältigung wieder auf die Vereinten Nationen übergehe.

Dieser Beschluß wurde mit der knappen Mehrheit von 156 zu 132 Stimmen bei einigen Enthaltungen verabschiedet. Ihm unterlag der Antrag der Grünen Anti-Kriegs-Initative um den Eimsbüttler GALier Ulrich Cremer und die stellvertretende Fraktionsvorsitzende in der Bürgerschaft, Heike Sudmann. Sie hatten die „bedingungslose Beendigung der Nato-Luftangriffe und der Planungen für einen Bodenkrieg“ als Voraussetzung für eine Friedenslösung im Kosovo gefordert.

Ein Antrag des Realo-Flügels um Parteisprecher Peter Schaar und Sudmanns Amtskollegen Martin Schmidt war bereits zuvor gescheitert. Darin hatte es geheißen, die GAL solle den Friedensplan des grünen Außenministers Joschka Fischer und der rot-grünen Bundesregierung „für eine auf die UN gestützte Friedenslösung im Kosovo unterstützen“.

In einer weitgehend sachlichen und ernsthaften Debatte hatten zuvor fast zwei Dutzend RednerInnen den Militäreinsatz der Nato gegen Serbien und dessen Konsequenzen für das grüne Selbstverständnis thematisiert. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Kristin Heyne aus Bergedorf hatte die Nato-Luftangriffe verteidigt. Wer ein bedingungsloses Ende der Luftangriffe fordere, ignoriere, daß im vergangenen Sommer bereits viel verhandelt worden sei.

Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Krista Sager erklärte, ein bedingungsloser Waffenstillstand seitens der Nato würde eine Friedenslösung im Kosovo nicht näher bringen. Das hieße, vor der „ethnischen Säuberung“ durch Jugoslawiens Präsidenten Slobodan Milosevic zu kapitulieren. Die Bundesregierung spiele eine positive Rolle in der Nato-Politik, vor allem durch das Bemühen, Rußland in eine Friedenslösung einzubeziehen, meinte die grüne Politikerin.

Demgegenüber hatten Kritiker des Militäreinsatzes scharfe Kritik auch an der grünen Bundespartei und vor allem an Außenminister Joschka Fischer geübt. Der linke Bürgerschaftsabgeordnete Lutz Jobs zitierte unter großem Beifall aus dem bündnisgrünen Grundsatzprogramm den Satz „Wir lehnen Krieg als Mittel der Konfliktlösung ab.“

Die „Teilhabe an der Macht in Bonn“ dürfe nicht „zur obersten Maxime grüner Politik werden“, stellte Jobs im Hinblick auf das Fortbestehen der rot-grünen Koalition in Bonn klar. Der erste Kriegseinsatz bundesdeutscher Soldaten könne nicht „der Politikwechsel in diesem Land sein, für den ich und viele andere sich jahrelang eingesetzt haben“.