Nato will den Ölhahn zudrehen

■ Rußland wird Sanktionen ignorieren

Washington/Bonn (AFP/dpa) – Mit einer Seeblockade in der Adria will die Nato die weitere Lieferung von Treibstoff nach Jugoslawien verhindern. Das militärische Bündnis wolle das von ihr und der EU verhängte Ölembargo „so effektiv wie möglich“ durchsetzen, sagte Nato-Sprecher Jamie Shea am Wochenende beim Gipfel zum 50jährigen Bestehen des Bündnisses in Washington. Oberbefehlshaber Wesley Clark wurde beauftragt, Pläne für die Kontrolle von Frachtern in der Adria auszuarbeiten.

Die russische Regierung lehnte die Seeblockade ab. Man werde auch weiterhin per Schiff Öl nach Jugoslawien liefern. Die Nato habe kein Recht derartige Maßnahmen zu beschließen, sagte der russische Außenminister Igor Iwanow: „Nach dem internationalen Recht können nur die Vereinten Nationen Sanktionen verhängen.“

Mit der Durchsetzung des Embargos in der Adria wolle die Nato die jugoslawischen Nachschubwege für kriegswichtiges Material wie Erdöl und Waffen abschneiden, sagte Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping. Nato- Sprecher Shea betonte hingegen, es sei noch zu früh, um zu sagen, wann und auf welche Weise das Embargo umgesetzt werde. Dazu gehöre etwa die Frage, wie russische Schiffe daran gehindert werden könnten, Öl nach Jugoslawien zu transportieren. Mit den Plänen werde sich in den kommenden Tagen der Nato-Rat befassen.

Auch US-Präsident Bill Clinton und Frankreichs Präsident Jacques Chirac äußerten sich zurückhaltend. Er hoffe, ein Ölembargo könne ohne eine Eskalation des Konflikts durchgesetzt werden, sagte Clinton. Chirac machte rechtliche Bedenken geltend und betonte, die Nato müsse „sehr vorsichtig“ zu Werke gehen. US-Außenministerin Madeleine Albright unterstrich, die Nato habe keinerlei Interesse „an einer Konfrontation mit Rußland“. Ihr britischer Kollege Robin Cook sah keinerlei Gefahr in dieser Hinsicht, weil die russischen Schiffe nicht durch die Adria führen, sondern eher durch das Schwarze Meer und auf der Donau.

Unklar ist noch, ob für die Teilnahme deutscher Soldaten an der Seeblockade ein Beschluß des Bundestages notwendig ist. Der stellvertretende Generalinspekteur der Bundeswehr, Admiral Hans Frank, erklärte, im Falle einer Verstärkung der Wirtschaftssanktionen gegen Jugoslawien würde sich die deutsche Marine am Embargo beteiligen. Außenminister Joschka Fischer sagte hingegen, es bedürfe einer „sorgfältigen Beratung in der Regierung und sicher auch eines Beschlusses des Bundestages“. Bericht Seite 3