Die Vorschau
: Aus dem Leben eines kautzigen Wesens

■ Sebastian Kautz (Shakespeare Company) inszeniert Kafkas „Der Bau“ / Premiere: Heute

Aller Anfang ist schwer. Doch Sebastian Kautz reichte die Herausforderung des bloßen Anfangens offenbar nicht. Und so hat er sich für seine erste Regiearbeit ein Stück gesucht, daß nicht für das Theater geschrieben wurde. Er besetzte es mit einer einzigen Schauspielerin, die über anderthalb Stunden und unter weitgehendem Verzicht auf Requisiten ganz allein die Last der Inszenierung zu tragen hat. Und nicht zuletzt mußte Neuregisseur Kautz die umfangreiche Textvorlage um Zweidrittel kürzen und ihr einen Schluß verpassen, weil dem Original, wie es in einem Band mit sämtlichen Erzählungen des Autors lapidar heißt, „leider der Schluß verloren gegangen“ ist.

So viel Aufwand betreibt nur, der sich von einem Text „verfolgt“ weiß, seit er ihn das erste Mal gelesen hat. So ging es Kautz, als er, noch in Berlin weilend, die Erzählung „Der Bau“ von Franz Kafka gelesen hat: Ein unvollendeter irrwitziger 40seitiger Monolog, entstanden 1923/24, der aus der Sicht eines merkwürdigen, unter der Erde hausenden Wesens geschrieben ist, das nach und nach durch ein unergründliches Geräusch in den Irrsinn getrieben wird.

Seit zwei Spielzeiten ist Kautz Mitglied im Ensemble der Bremer Shakespeare Company, und seitdem hat die Idee, „Der Bau“ auf die Bühne zu bringen, immer mehr Gestalt angenommen. Als ihm seine Schauspielkollegin Uta Krause signalisierte, daß auch sie von Kafkas Geschichte begeistert sei, stand der Realisierung des Projektes nichts mehr im Wege. Denn Kautz hatte Krause insgeheim bereits als Idealbesetzung für sein Regiedebüt ausgeguckt, „weil sie eine begnadete Schauspielerin ist“.

Die nach „Milena – wie ich dich fand, ist kein Wunder“ zweite Inszenierung eines Kafkastückes durch die Shakespeare Company wird heute abend ihre Premiere nicht wie sonst üblich im Theater am Leibnizplatz haben, sondern in der Schwankhalle uraufgeführt. Die renovierungsbedürftige, ebenfalls in der Bremer Neustadt gelegene Spielstätte verströmt für Kautz in idealer Weise jene beklemmend-düstere Aura, die Kafkas Text ebenfalls eigen ist. Daß die Schwankhalle unbeheizt ist und es darin wie in einem alten Kellergewölbe riecht, sind in diesem Fall willkommene, athmosphärisch stimmige Einflüsse.

Doch in Zukunft will die Company die Stücke nicht ständig danach aussuchen müssen, ob sie zu den Bedingungen der Schwankhalle passen. Deshalb hofft die Company, daß die Inszenierung von „Der Bau“ doch noch dazu führt, die alte Idee wiederzubeleben, die Schwankhalle als dauerhaft be-spielbare (also noch zu renovierende) Studiobühne in der Neustadt zu etablieren, die dann von Schnürschuhtheater, dem Martinshof, Fuhrpark und eben der Company für kleinere Produktionen genutzt werden kann. zott

Premiere: Heute abend um 20 Uhr in der Schwankhalle, Buntentorsteinweg 112. Kartenreservierungen unter Tel.: 50 03 33