■ Werden die Bündnisgrünen am Streit über den Krieg zerbrechen?
: Rettungsanker Friedensplan

Kurz nach der Wahl war das Grummeln in und außerhalb der Bündnisgrünen deutlich zu vernehmen: Was, bitte schön, sollte ein Joschka Fischer im Außenministerium? Halb verächtlich, halb bewundernd verfolgte die Partei Fischers Credo von der außenpolitischen Kontinuität. Sie nahm es hin wie alle vorangegangenen Wandlungen ihres Hauptmatadors. Außenpolitik schien die Sache eines grünen Weltläufers. Der Rest stand am Wegesrand und sah zu.

Nun aber ist Krieg. Und Außenpolitik wird zum Dreh-und Angelpunkt der Politik. Vorbei sind auf einen Schlag die Zeiten akademischer Betrachtungen. Manche, die zuvor noch vertrackte Gebilde für eine neue Weltordnung entwarfen, sind in der Regierung mit aller Brutalität ins sumpfige Gelände der Realpolitik gestoßen worden. Manche, die von ihren Prinzipien nicht lassen wollen, fordern einen bedingungslosen Stopp der Luftangriffe. So, als gebe es keine Miloevics in der Welt, sondern allerorten grüne Vernunftmenschen.

Eine Prognose über den Ausgang des Sonderparteitages wagt kaum jemand. Zu unberechenbar sind die Gefühle an der Basis – ein im Vergleich zu anderen Parteien stets entscheidendes Kriterium grüner Politikfindung. Auch das Kräfteparallelogramm vom Wochenende sagt wenig aus: Spitzengremien und Parteitage in Baden-Württemberg, Hessen, Saarland und Bayern stützten Fischers Position eines auf Diplomatie und militärischen Druck angelegten Friedensplans. Unruhig hingegen und schwankend sind der Norden und Westen, wo die Konkurrenz zu sozialdemokratischen Koalitionspartnern auf Landesebene die Absetzbewegung wohl beflügeln mag. So drängt in Hamburg und Nordrhein-Westfalen eine Mehrheit der Grünen auf ein sofortiges Ende der Militäraktion.

Alles ist noch offen für den 13. Mai. Auffällig bemüht ist deshalb auch die SPD im Bund, den Koalitionspartner zu schonen. Das war – etwa bei der Atompolitik – in der Vergangenheit nicht immer so. Nun bemüht man sich, mit publizistischem Erfolg, auf Fischers Friedensplan zu verweisen, der teilweise im Nato-Abschlußkommuniqué vom Wochenende Eingang fand. An ihm, so das Signal an die grüne Basis, könnt ihr erkennen, daß Fischer doch seine außenpolitischen Spuren hinterläßt. Man wird sehen, ob die Partei dies am 13. Mai honoriert. Oder ob sie sich aus der Regierung hinaus- und in den Untergang hinein katapultiert. Severin Weiland