Ost-SPD gegen Schröder: Statt Bomben Diskussionen

■ Immer mehr führende SPD-Politiker fordern eine befristete Feuerpause der Nato in Jugoslawien. Statt dessen solle verhandelt und über die Fehler der Balkanpolitik diskutiert werden. Bundeskanzler Schröder ruft die Partei zur Geschlossenheit auf

Berlin (dpa/taz) – So namhaft die Intellektuellen des SPD-nahen Willy-Brandt- Kreises auch sind, üblicherweise zählen sie nicht gerade zu den einflußreichsten Köpfen in der Partei. Jetzt berufen sich führende ostdeutsche Sozialdemokraten auf ihren Anti-Kriegs-Appell – und gehen damit auf Distanz zur Bundesregierung.

„Die Nato braucht ihre Stärke nicht mehr zu beweisen. Ihre Fähigkeit zu siegen, bezweifelt niemand“, hatten Günter Grass, Günter Gaus, Christa Wolf, Egon Bahr und andere am Wochenende geschrieben. Ihre Erklärung mündet in der Forderung nach einer Unterbrechung des Bombardements: „33 Tage sind genug.“

Es gebe in den eigenen Reihen „unverkennbare Sympathien“ für eine sofortige Einstellung der Nato-Militäroperationen, erklärte Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe gestern nach einem Treffen des SPD-Forums Ost in Bonn. Stolpe, der das Forum Ost leitet, verwies darauf, daß der Willy-Brandt-Kreis sich für eine Feuereinstellung von 48 Stunden ausgesprochen habe, um die Pause für diplomatische Verhandlungen zu nutzen. Nach Stolpes Ansicht ist eine SPD-interne Diskussion über den Nato-Kurs sowie über die Machtpolitik notwendig, die zu den „Fehlentscheidungen“ auf dem Balkan Anfang der 90er Jahre geführt hätten.

Der Kanzler und SPD-Vorsitzende Gerhard Schröder lehnte die Forderungen aus den eigenen Reihen nach einer Änderung der Nato-Strategie strikt ab. In der jetzigen Situation sei es falsch, über eine Feuerpause zu reden. Man müsse aufpassen, daß „nicht ein Fuß zwischen Partei und Regierung kommt“.

Ähnlich wie Stolpe äußerte sich Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reinhard Höppner (SPD). Er verwies auf zunehmende Stimmen, die nach den „unbeabsichtigten Nebenwirkungen“ des Konflikts fragten. So müsse darauf geachtet werden, ob Jugendliche jetzt nicht ein anderes Verhältnis zum Krieg entwickelten. Dagegen kommentierte der Brandenburger SPD-Außenpolitiker Markus Meckel die Äußerung Stolpes: „Ich wüßte nicht, welche SPD-Politiker aus dem Osten er damit meint.“

Unterstützt wird die Forderung nach einer Feuerpause auch vom früheren SPD- Vorsitzenden Hans-Jochen Vogel. Im Berliner Tagesspiegel schreibt er, dies würde Milošević „vor der Weltöffentlichkeit erneut auf die Probe stellen“. pat