Nicht nur Beweismittel

■ Senat will die Rechte der Opfer von Gewalttaten vor Gericht stärken

Opfer eines Verbrechens werden oftmals doppelt bestraft: Zum einen durch die erlebte Gewalt, zum anderen durch die Behandlung vor Gericht. Dort erhielten die Geschädigten nicht annähernd so viel Aufmerksamkeit wie die Täter, kritisierte gestern Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit (SPD): „Die Opfer werden nur in ihrer Funktion als Beweismittel wahrgenommen.“ Um ihre Rechte nachdrücklich zu stärken, hat der Hamburger Senat gestern ein Maßnahmepaket beschlossen: Die „Hamburger Initiative zur Stärkung der Verletztenrechte“.

Insbesondere müßten Personen geschützt werden, die durch eine Straftat in „körperlicher, geistiger oder seelischer Hinsicht“ geschädigt wurden. „Viele Opfer wissen nicht, was sie vor Gericht erwartet und welche Stellen ihnen im Notfall hilfreich zur Seite stehen“, so Peschel-Gutzeit. Eine Arbeitsgruppe aus VertreterInnen unterschiedlicher Behörden soll zunächst Informationen über Hilfsadressen und die Rechte und Pflichten von ZeugInnen bündeln und Merkblätter darüber zusammenstellen.

Zudem soll sie Vorschläge erarbeiten zur besseren Betreuung von Kindern, die als ZeugInnen aussagen müssen. Der Senat will durchsetzen, daß Gelder aus dem Bußgeldfonds der Justizbehörde auch an Hilfseinrichtungen für die Opfer von Straftaten weitergeleitet werden.

Teil des Maßnahmepaketes ist auch eine Bundesratsinitiative, die Hamburg vorbereiten will. „Die Strafprozeßordnung muß geändert oder ergänzt werden“, erklärt Peschel-Gutzeit. Vor allem, um das sogenannte „Adhäsionsverfahren“ zu erleichtern. Das sieht vor, daß zugleich die Schadensersatzansprüche des Opfers festgelegt werden, während strafrechtlich gegen den Täter verhandelt wird.

Schon jetzt gibt es diese Möglichkeit. Viele RichterInnen würden es aber ablehnen, weil es ihren Strafprozeß verzögere. In Zukunft sollen sie dafür laut Peschel-Gutzeit zumindest schriftlich triftige Gründe darlegen müssen. ee