Gaukler und Table Dance

Die Tiger Lillies im Zelt der „Fliegenden Bauten“  ■ Von Kristina Maroldt

Eine klagende Stimme hallt aus dem Theaterzelt der Fliegenden Bauten. Geschäftsführer Matthias Kraemer lauscht verzückt. „Die Tiger Lillies habe ich mal in London in einer ganz kleinen Kaschemme gehört“, erzählt er. Kraemer und sein Kollege Sebastiano Toma waren damals von den Briten sofort begeistert. Sie holten sich aus ganz Europa Artisten, die bereit waren, zum diabolischen Falsettgesang Martyn Jacques' aufzutreten: etwa die New Yorker Performancekünstler Lisa Giobbi und Tim Harling, der Komik-Jongleur Buba aus St. Petersburg oder die Table Dancerin Michelle von der Reeperbahn. Ab morgen treten die Künstler zusammen als Tiger Lillies Varieté im Zelt der Fliegenden Bauten hinter dem Millerntorhochhaus auf. Vor und nach der Vorstellung werden die Zuschauer im Zelt von einer angeschlossenen Restauration bewirtet.

Der eigene Gastronomiebetrieb war eine der Hauptveränderungen im Konzept der Fliegenden Bauten nach 1993. Damals hatte sich die freie Theatergruppe aufgelöst, die durch Eigenproduktionen „linksgerichteter Zeitgeistkomödien“ (Kraemer) in den 80er Jahren von sich reden gemacht hatte. Matthias Kraemer und Sebastiano Toma wandelten das Kollektiv in ein Produktionsbüro um. „Der Einschnitt war der Fall der Mauer 1989“, erinnert sich Kraemer. „Wir haben gemerkt, daß von da an die Uhren anders gingen. In den 80ern reichte es, originell zu sein, heute muß man dazu noch professionell produzieren.“

Ein mobiles Zelttheater wie anno 1982 sind die Fliegenden Bauten auch heute noch. Doch anstatt selber zu produzieren, tritt man jetzt vorzugsweise als Veranstalter von Tourneen und Gastspielen auf. Das von Sebastiano Toma und Thomas Matschoß inszenierte Tiger Lillies Varieté ist nun seit langer Zeit wieder eine Eigenproduktion. Danach planen Kraemer und Toma, den poetischen Zirkus Que-Cir-Que und das Musik-Kabarett-Trio The Fabulous Singlettes im Hamburger Zelt auftreten zu lassen.

„Wir wollen die Fläche fest mieten und auch weiterhin unterschiedliche Zeltproduktionen einladen“, so Kraemer. Ob es wirklich dazu kommt, steht allerdings in den Sternen: Das Bezirksamt Mitte hat den Fliegenden Bauten auf der im Bebauungsplan als Wohngebiet ausgeschriebenen Freifläche vorerst eine Probespielzeit von sechs Wochen genehmigt. Falls diese ohne Beschwerden wegen Lärmbelästigung ablaufe, werde man auch die nächsten Gastspiele genehmigen, ließ Bezirkssprecherin Claudia Eggert Anfang Februar verlauten. Kraemer kann die Vorbehalte der Behörde nicht nachvollziehen: „Wenn man sich überlegt, wie der Platz hier früher aussah, müßten wir eigentlich einen Preis für Stadtverschönerung bekommen.“

Ab morgen bis zum 13. Juni. Infos und Tickets unter % 39 90 72 66