Kommentar (siehe S. 22)
: Kirchenasyl auf Probe

■ Folter oder Haft für einen Sexualtäter?

Die Warsingfehner Christenmenschen fühlen sich zu Recht hintergangen. Der Kurde, dem sie im besten Glauben und Vertrauen vor einer Abschiebung und drohender Verfolgung Schutz im Kirchenasyl boten, hat ihnen eine Verurteilung wegen Mißbrauchs einer Minderjährigen verschwiegen. Mehr noch: Der Kirchenschützling gebärdet sich als Wiederholungstäter. Er soll Frauen aus der Gemeinde, die halfen, ihn vor den schlimmen Folgen einer Abschiebung zu bewahren, jetzt selbst Schlimmes angetan haben. Die Polizei ermittelt. Der Mann hat nicht nur sich in Verruf gebracht, sondern auch das Kirchenasyl. Denn das basiert zumeist auf Vertrauen; darauf daß der Flüchtling über Verfolgung und Flucht die Wahrheit sagt.

Klar ist: Er hat nicht alles über sich erzählt. Trotzdem kann er ein politischer Flüchtling sein, trotzdem kann in der Türkei Folter und Gefängnis drohen. Diese Überzeugung ist die Voraussetzung fürs Kirchenasyl. Das können andere Straftaten nicht ändern; nicht einmal eine Vergewaltigung. Kirchenleute, die dem Sexualstraftäter jetzt den Schutz entziehen, müssen sich fragen: Ist es gerecht, daß ein Sexualstraftäter mit Folter oder unabsehbarer Haft belegt wird?

Wenn die Warsingfehner das Kirchenasyl und sich selbst ernst nehmen, müssen sie jetzt durchhalten. Das ist sicherlich schwer. Jetzt gilt es zu beweisen, daß Kirchenasyl mehr ist als ein rechtsfreier Raum. Eva Rhode