Von wegen dem Sirup    ■ Von Susanne Fischer

Hier ist immer noch zu. In einem Film von W.C. Fields bleibt ein Laden „von wegen dem Sirup“ geschlossen, und so ähnlich ist es hier auch. Soll doch wer anders über meinen Abwasch schreiben; mir reicht es schon, wenn ich ihn mache. Auch wenn ein Krieg ist, muß ich nämlich meinen Abwasch machen. Das nennt man dann eine Normalität.

Inzwischen ist sich das Fernsehen ja einig, daß wir doch einen Krieg haben, nicht bloß eine Krise, einen Konflikt, eine Aktion und eine Intervention. Das mediale Erkennen des Kriegs verlief schleichend. Man nennt es jetzt einen Kosovo-Krieg. So wurde zunächst nur das bezeichnet, was die jugoslawische Staatsmacht mit der kosovarischen Zivilbevölkerung veranstaltet, obwohl andererseits „Krieg“ dafür ja wohl eine gelinde Untertreibung ist. Das bemerkten irgendwann auch die Begriffsverteiler, spätestens nach den Heulkonzerten der Jackett- und Verantwortungsträger auf der deutschen Regierungsbank, und jetzt führt die Nato einen Kosovo-Krieg, während die anderen ein Schlachthaus betreiben. So weit sind wir immerhin. Andererseits haben wir seitdem auch einen „Balkan“. Falls Sie Nachrichtensprecher werden möchten, betonen Sie das Wort bitte so, daß jeder sofort hört, Sie denken dabei an Gulasch aus Chappi-Dosen, Stehgeiger und Folkloretänzer, die plötzlich ein Messer aus ihrem bunten Gewand ziehen. Gut so.

Erstaunlich, wie sicher sich mal wieder alle sind. Und was für große Worte sie benutzen. „Nie wieder!“ rufen die einen wie die anderen, meinen aber ganz verschiedene Dinge damit. Sie wissen genau, daß ihre Enkel sie mal fragen werden ... zum Beispiel, warum sie den bösen Onkel nicht weggebombt haben, falls sie jetzt „tatenlos zusehen“, wie die Albaner massakriert und vertrieben werden. Anscheinend ist es besser, zuzusehen und dabei etwas zu tun, was auch keinen merklichen Einfluß auf das Geschehen hat (oder vielleicht sogar einen unbeabsichtigten, nämlich die Beschleunigung des Völkermords). Woher wollen sie wissen, daß ihre Enkel sie nicht eines Tages fragen, warum sie nicht früher, besser oder länger verhandelt haben oder warum sie die UNO in die politische Bedeutungslosigkeit gebombt haben? Stammeln sie dann: „Aber wir waren doch die Guten!“? Oder wenn, allerschrecklichster Gedanke, die Enkel einfach nur fragen: „Opa, wo hast du die Schokolade versteckt?“ „Kind, ich war einmal deutscher Außenminister, und ich möchte dir erklären –“ Halt's Maul, Opa. Mama, Opa erzählt immer vom Krieg und von seinem abben Bein. Darf der das?

Ja, der darf das. Der darf das sogar im Fernsehen und wird nicht wegen Sirup geschlossen. Als erste Anwärterin dafür würde ich Uta Ranke-Heinemann aufstellen. Die wurde nämlich ohnehin gerade aufgestellt, da kommt es auf einmal mehr oder weniger auch nicht an. Von der PDS, als Kandidatin für das Bundespräsidentinnenamt. „Damit wollen die PDS und Uta Ranke-Heinemann gegen den Krieg protestieren“, verkündet mein Sirup-Dealer von der „heute“-Sendung. Ich möchte mich hiermit glasklar von allen Parteien für meinen abendlichen Abwasch aufstellen lassen. Damit möchten mein Abwasch und ich gegen den Krieg protestieren. Und gegen alles andere sowieso.