Kein Kläger, keine Klage

Verzweifelt versucht der DFB, die wachsende Macht der Rechtemakler einzuschränken. Aber die Bundesliga ist längst auf dem Weg in ein neues Vermarktungszeitalter  ■ Von Thomas Winkler

Was ist da los? „Gekaufte Vereine, gekaufte Punkte?“ fragt Sport-Bild elf Zentimeter hoch auf der Titelseite. Jürgen Friedrich, Vorstandschef beim Deutschen Meister 1. FC Kaiserslautern, mahnt an, daß sich „Vorkommnisse wie beim Fußballskandal in den 70er Jahren nicht wiederholen“. Und Gerhard Mayer-Vorfelder, Präsident des VfB Stuttgart und Vorsitzender des DFB-Ligaausschusses, befürchtet gar, der Fußball könne „bald am Ende“ sein. Geht das Abendland unter?

Der Auslöser all dieser Turbulenzen erklärt sich derweil für nicht zuständig. „Wir sind nur mittelbar betroffen“, sagt Bernd Hoffmann, Geschäftsführer der Ufa, zum gegen sein Unternehmen gerichteten DFB-Beschluß, Sponsorenvertreter aus Vereinsgremien zu verbannen. Auch der Ufa-Klub Hertha BSC hat sein groß angekündigtes rechtliches Vorgehen gegen den DFB inzwischen gecancelt, ergab eine taz-Nachfrage. „Nein“, sagt Pressesprecher Hans-Georg Felder, „wir werden erst mal keine rechtlichen Schritte einleiten, weil es nicht relevant ist.“ Der Beschluß tritt erst zur übernächsten Saison in Kraft, lange vorher wird ein neuer Aufsichtsrat bei Hertha gewählt. Hinter vorgehaltener Hand ist zu hören, daß es ja nun keinen großen Unterschied mache, ob ein offizieller Ufa-Vertreter gewählt werde oder „ein Busenfreund“.

Die Ufa mag sich sowieso nicht auf einen Rechtsstreit einlassen. Man werde „Regelungen finden, die dem Lizenzspielerstatut entsprechen“, so Hoffmann im Gespräch mit der taz. Außerdem seien die betroffenen Vereine Hamburger SV und Hertha, wo jeweils Ufa-Mitarbeiter in Leistungsgremien sitzen, nach der personellen Starthilfe inzwischen so weit, „daß unser Geld auch fortan professionell verarbeitet wird. Aber wäre der Beschluß vor fünf Jahren gekommen, hätte es ein Engagement bei der Hertha oder dem HSV nicht gegeben.“

Dabei steht der DFB-Beschluß auf wackeligen Beinen. So schätzt Dr. Wilbert Engel, Anwalt der Fußballervereinigung vdv, auf taz- Nachfrage das DGFB-Papier als „rechtswidrig“ ein, weil es einen „klaren Eingriff in die Vereinsautonomie“ darstelle. Auch das vom DFB verfügte Verbot von Mehrheitsbeteiligungen würde nach Engels Meinung einer „richterlichen Überprüfung schlußendlich nicht standhalten. Aber der DFB hat sich schon immer über deutsches und europäisches Recht hinweggesetzt. Man versucht's halt.“

Aber solange es keinen Kläger gibt, gibt es auch keine rechtliche Prüfung. Einen Kläger gibt es nicht, weil der DFB nicht nur Gegner, sondern auch Verhandlungspartner ist. Wer stößt schon gerne jemanden vor den Kopf, dem er demnächst wieder Länderspiel- oder Bundesligarechte abkaufen will? Allerdings: Bis Jahresende wird die EU-Kommission entscheiden, ob die Zentralvermarktung der Bundesliga durch den DFB EU- entspricht. Für den Fall, daß die Zentralvermarktung kippt, versorgen sich die drei großen Rechtevertreter Ufa, ISPR und SportA schon mal vorsorglich mit den TV-Rechten der Klubs.

Für Hoffmann sind die aktuell zutage getretenen Verwerfungen eh nur eine Etappe auf dem Weg der Vereine hin zu „Fußball-Unternehmen“. „Wenn die Vereine auch international mithalten wollen“, so Hoffmann, „muß die Möglichkeit der Mehrheitsbeteiligung geschaffen werden.“ Eben wie in Frankreich, wo die Ufa Girondins Bordeaux mitübernahm. Oder wie in Leverkusen, wo der Bayer-Konzern dank einer Ausnahmeregel des DFB ein Modell installiert hat, das sich Hoffmann für solche Vereine vorstellen kann, die nicht wie Bayern München oder Dortmund wirtschaftlich interessant genug für einen Börsengang sind.

Die DFB-Richtlinien drohen weiter aufzuweichen: Gestern bestätigte der VfL Wolfsburg, daß die Profiabteilung aus dem Verein ausgelagert, in eine GmbH umgewandelt und vom Hauptsponsor Volkswagen AG zu 51 Prozent übernommen werden soll. Fehlt nur noch das grüne Licht des DFB.

Die Bedenken des DFB, so Hoffmann, würde man „prinzipiell selbstverständlich verstehen, wenn es darum geht, Manipulationsmöglichkeiten zu unterbinden“, aber die Ufa sei doch „der falsche Adressat. Dann müßte man auch Adidas oder Nike verbieten, gleichzeitig Ausrüster von zwei Klubs zu sein. In einer Branche, in der viel Geld verdient wird, müssen auch die Gesetze der Wirtschaft gelten.“ Daß die installiert werden, dagegen wird sich der DFB wohl nicht mehr lange wehren können.