Staudamm ohne Deutsche

■ Energieversorger steigen aus Narmada-Staudammprojekt in Indien aus

Berlin (taz) – Das erste privat finanzierte Wasserkraftwerk Indiens wird höchstwahrscheinlich nicht gebaut. Die beiden Energiekonzerne VEW und Bayernwerk, die sich mit 49 Prozent an dem umstrittenen Maheshwar-Staudammprojekt am Narmada-Fluß beteiligen wollten, steigen aus. „Wir sind nicht mehr an dem Projekt beteiligt und beabsichtigen auch nicht, uns in Zukunft daran zu beteiligen“, sagte VEW-Vorstandssprecher Joachim Adams klipp und klar. Die Presseabteilung des Bayernwerks bestätigt, daß die inzwischen ausgelaufenen Vorverträge mit der indischen Betreibergesellschaft nur dann erneuert würden, wenn die Umsiedlung der Menschen aus dem Überflutungsgebiet auf neues Land gewährleistet sei.

Die deutsche Umweltorganisation Urgewald hatte auf die völlig ungelösten Probleme bei der Umsiedlung von 20.000 Menschen aufmerksam gemacht. Zum Beispiel lägen Landflächen, die als Umsiedlungsstandorte aufgeführt werden, in der Überflutungszone des Dammes, erklärte Urgewald-Geschäftsführerin Heffa Schücking nach einem Besuch im Bundesstaat Madhya Pradesh.

In Indien häuften sich die Proteste, auch gegen die deutschen Firmen – neben den beiden Stromkonzernen auch Siemens und die Hypovereinsbank, ohne die das Projekt kaum finanzierbar sein dürfte. Der Rückzug von VEW und Bayernwerk kam während eines Hungerstreiks von sieben Anti-Staudamm-Aktivisten in Indien, der heute in seinen 18. Tag geht. Polizisten verhafteten am Wochenende fünf der Hungerstreikenden, die nun zwangsernährt werden. Für die Entscheidung der deutschen Energieversorger dürften jedoch weniger die Proteste ausschlaggebend gewesen sein als vielmehr die Tatsache, daß sie unter der neuen Bundesregierung nicht mit Hermesbürgschaften rechnen können. Die rot-grünen Koalitionsvereinbarungen sehen soziale und ökologische Kriterien für die Bürgschaften vor.

Jetzt kämpft Urgewald dafür, daß sich auch Siemens und die HypoVereinsbank aus dem Projekt zurückziehen. Unterstützung kommt aus den USA. Ein ethischer Investmentfonds hat ein Aktienpaket der Bank erworben und macht nun ebenfalls Druck.

Nicola Liebert