Drašković zahlt für Alleingang

■ Jugoslawischer Vizepremier entlassen

Belgrad (AP/rtr/taz) – Die Frage, ob es sich bei der harschen Kritik von Vuk Drašković am Kurs von Jugoslawiens Staatspräsident Slobodan Milošević um einen Alleingang des Vizepremiers gehandelt hat, ist gestern abend von der Belgrader Führung eindeutig beantwortet worden: Der jugoslawische Ministerpräsident Momir Bulatović enthob Drašković seines Amtes. Zur Begründung der Entlassung hieß es in einer kurzen Meldung der amtlichen jugoslawischen Nachrichtenagentur Tanjug, Drašković' öffentliche Erklärungen stünden im Widerspruch zur Haltung der Regierung und gefährdeten den Respekt vor der Bundesregierung.

Die USA werteten die Entlassung Drašković' als Anzeichen einer zunehmenden Isolierung Milošević'. Ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates sagte in Washington, es sei klar, daß Milošević selbst in seinem eigenen Regime isoliert sei. Selbst seine höchsten Führungskräfte hätten erkannt, daß die Repression gegen die Medien sowie deren Manipulationen aufhören müßten und das Land die Forderungen der Staatengemeinschaft zu erfüllen habe. Die Nato erklärte in Brüssel, Vuk Drašković sei entlassen worden, weil Präsident Milošević keine Kritik vertragen könne.

In der Tat hatte sich der einstige Oppositionelle Drašković, Chef der Serbischen Erneurungsbewegung (SPO) und seit Januar dieses Jahres Mitglied der jugoslawischen Bundesregierung, in den vergangenen Tagen ungewöhnlich weit aus dem Fenster gelehnt. Noch am Dienstag hatte er in scharfer Form die Sozialistische Partei von Milošević und die Partei Jugoslawische Linke (Jul) von dessen Frau Mira Marković angegriffen. Diese nutzten den Kriegszustand aus, um die Menschenrechte und Freiheiten einzuschränken. „Wir haben das Recht, laut zu sagen, was hier falsch läuft“, erklärte Drašković. „Sie kümmern sich nicht um die Schäden. Und je mehr Schäden es gibt, desto mehr Kriegserlasse werden ausgegeben, und desto weniger Freiheiten gibt es für uns“, hatte Vuk Drašković gesagt.

Bereits am Vortag hatte er mit seiner Äußerung Aufsehen erregt, er glaube, Milošević sei mit der Stationierung einer Schutztruppe aus Nato-Ländern im Kosovo einverstanden, sofern sie vom Weltsicherheitsrat mit einem Mandat ausgestattet sei. Diese Äußerung nahm Drašković später teilweise wieder zurück. Auf die Frage, ob er im einzelnen mit Milošević darüber gesprochen habe, ob eine internationale Kosovo- Truppe bewaffnet sein sollte, sagte Drašković: „Darüber haben wir nicht gesprochen.“