■ beiseite
: Filme aus Kuba

Der Berliner Filmemacher Torsten Schulz ist auf dem besten Wege, sich zum Spezialisten für Kulturtransfer, Unterabteilung Sonderwege, zu entwickeln. Vor zwei Jahren drehte er mit „Kuba Sigrid“ das knapp einstündige Porträt einer 50jährigen Frau, die es 1979 von Ost-Berlin nach Havanna verschlagen hat. In diesem Jahr folgt mit „TechnoSalsa“ ein Dokumentarfilm über mehrere DJs aus Deutschland und Österreich, die nach Kuba reisen, um in Sachen Techno zu missionieren. Ausgerechnet dort, wo sich trotz US-Embargo und „Sozialismus oder Tod“-Parolen eine überbordende Musikalität bewahrt, wollen die vier Freunde ihre bpms unters Volk bringen. Keine leichte Sache, wenn Stromausfall zum Alltag gehört.

Einer der DJs träumt trotzdem: „Vielleicht verderben wir ja die Jugend hier in Kuba.“ Und tut so, als müßte die Synthese von lateinamerikanischen Rhythmen und Techno erst erfunden werden. Ein anderer DJ versucht sich unterdessen an Salsaschritten, und Sigrid ist auch wieder dabei. Diesmal als Dolmetscherin und in deutlich besserer Verfassung als noch in „Kuba Sigrid“. Damals konnten sie und ihr verkrüppelter, mittlerweile verstorbener Mann Juan der auf Elend fixierten Kamera kaum standhalten.

Gezeigt werden Torsten Schulz' Dokumentationen im Rahmen eines kleinen Kuba-Programms im Filmkunsthaus Babylon, das damit einem Trend Rechnung trägt, der sich in Filmen wie „Wer zum Teufel ist Juliette?“ oder „Buena Vista Social Club“ abzeichnet: Dokumentationen aus und über die Karibikinsel finden derzeit recht häufig den Weg auf die Leinwand, besonders dann, wenn sie sich mit Musik beschäftigen.

Auch „Die Tränen von Castro“, eine niederländisch-kubanische Koproduktion, wendet sich mit dokumentarischem Gestus einer fiktiven Figur zu: dem holländischen Kommunisten Theo von Hoesel. Zu Hause züchtet er Hühner, die er Marx, Lenin und Fidel tauft, und sammelt Körperflüssigkeiten, darunter das Sperma seiner zweiten Ejakulation ever. Das war im Jahre 1956, als sowjetische Panzer durch Ungarn rollten und der Vater die Kommunistische Partei verließ. Theo hingegen bleibt Zeit seines Lebens dem Kommunismus treu – und versteht sich deswegen nicht sehr gut mit dem Vater, der heute in einem Altenheim lebt und für den Sohn nur Schweigen übrig hat.

Im Mittelpunkt des Films steht aber nicht der Generationskonflikt, sondern die Kubareise, die Theo mit dem Ziel unternimmt, Castro die Hand zu schütteln. Solange der eigene Vater unzugänglich bleibt, muß man sich die Anerkennung eben anderswo suchen. Zum Ersatzvater Castro stößt Theo jeoch aufgrund dichter bürokratischer Netze nicht vor. Der Begeisterung für den tropischen Sozialismus tut das keinen Abbruch. „Es ist großartig“, wird Theo nicht müde zu beteuern, auch wenn ihn die Kamera bei Spaziergängen durch heruntergekommene Gegenden begleitet oder die Kubaner auf der Straße von den Härten ihres Alltags berichten. Zurück in Holland, ist Theo das Gespräch mit dem Vater zwar noch immer nicht möglich. Aber immerhin: Am Mittagstisch summt der alte Herr die Internationale. Cristina Nord

1. 5., 19 Uhr, 2. 5., 21.15 Uhr: „Die Tränen von Castro“; 3. 5., 21 Uhr, 6. 5., 19 Uhr: „Kuba Sigrid“; 7. 5., 21.30 Uhr, 8. 5., 21.15 Uhr: „TechnoSalsa“, Filmkunsthaus Babylon, Rosa-Luxemburg-Str. 30