Nein zum Bombenkrieg, ja zu seiner Finanzierung

■ US-Politik paradox: Im Repräsentantenhaus scheitert eine Resolution zur Unterstützung des Bombenkriegs ebenso wie ein Antrag auf Rückzug aller US-Truppen vom Balkan

Das US-Repräsentantenhaus hat Präsident Clinton die Unterstützung für den Bombenkrieg verweigert, nicht aber das Geld dafür. Zudem verlangt es von ihm, die parlamentarische Zustimmung einzuholen, sollte er Bodentruppen in den Krieg schicken wollen. Eine Resolution zur Unterstützung der Luftangriffe scheiterte mit 213 zu 213 Stimmen.

Direkte Auswirkung haben die vier Resolutionen nicht, die am Mittwoch im Repräsentantenhaus verabschiedet wurden. Trotzdem sind sie eine Niederlage Clintons. Sie zeigen die tiefe Kluft zwischen Parlament und Regierung und die tiefe Verunsicherung der Öffentlichkeit über Sinn und Fortgang des Krieges auf dem Balkan.

Die Abgeordneten waren während der parlamentarischen Frühlingspause vom Krieg überrascht worden. Zu dieser ersten Debatte nach Kriegsbeginn kam es, weil der Republikanische Abgeordnete Tom Campbell auf das verfassungsmäßige Recht des Parlaments pochte, den Krieg zu erklären. Eine entsprechende Kriegserklärung an Jugoslawien scheiterte dann allerdings mit 2 zu 427 Stimmen. Mit 130 zu 290 Stimmen scheiterte aber auch eine Resolution, die den Rückzug aller US-Truppen aus dem Balkan gefordert hätte. Dann verlangte das Repräsentantenhaus mit 249 zu 180 Stimmen das letzte Wort über den Einsatz von Bodentruppen.

Clinton hatte zuvor in der Debatte wiederholt, daß er nicht vorhabe, Bodentruppen zu entsenden, und verspreche, den Kongreß zu konsultieren, sollte er seine Meinung ändern. Trotzdem ist die Resolution eine Niederlage, denn sie bindet dem Präsidenten die Hände. Clinton überlegt deshalb, sein Veto einzulegen.

Überraschend war das Patt zur Frage der Unterstützung des Bombenkriegs. In der leidenschaftlichen Debatte stand „Vietnam“ gegen den „Holocaust“. „Hat es sich gelohnt, in Vietnam zu bleiben, um das Gesicht zu wahren?“ fragte der Republikanische Fraktionsvorsitzende Tom DeLay. „Wir sind eine Supermacht auf dem Höhepunkt ihrer Stärke,“ antwortete der Demokratische Fraktionschef David Bonior, „schauen wir bei den Massakern, den Massengräbern, den Massenvergewaltigungen und Massenexekutionen einfach weg?“

Auch wenn bei der Debatte der Fraktionszwang durchbrochen wurde, ging es um parteipolitisches Gerangel. Statt der von Clinton für den Krieg beantragten sechs Milliarden Dollar wollen die Republikaner nämlich das Doppelte bewilligen – nicht für den Krieg, sondern um den Verteidigungshaushalt aufzustocken. Denn der wurde nach republikanischer Meinung in den letzten Jahren zu stark gekürzt, so daß ihm etliche für republikanische Wahlkreise einträgliche Beschaffungsprojekte zum Opfer fielen.

Ein echter Schildbürgerstreich des Kongresses: Er unterstützt den Krieg nicht, bewilligt aber die dafür notwendigen Mittel. Clinton betätigte sich derweil als Wetterprophet: „Historisch gesehen ist das Wetter im Balkan im Mai besser als im April und im Juni. Dann können unsere Bomber rund um die Uhr fliegen.“ Das heißt, der Bombenkrieg wird wohl bis in den Sommer hinein fortgesetzt. Bill Clinton kündigte auch seine erste Auslandsreise seit Kriegsbeginn an. Er will am 4. Mai nach Deutschland kommen, um US-Truppen zu inspizieren und sich über die Flüchtlingshilfe zu informieren. Peter Tautfest, Washington