Durchsetzungsvermögen und Zähigkeit

■ Defensivkünstler unter sich: Mit 71:62 gewinnt Alba Berlin das erste Finalspiel um die deutsche Basketballmeisterschaft gegen Baskets Bonn

Berlin (taz) – Triumphierend ballt Henrik Rödl beide Fäuste und schickt einen begeisterten Freudenschrei Richtung Hallendach. Was der Kapitän von Alba Berlin so emphatisch feiert, sind keineswegs entscheidende Punkte in der Schlußphase des mit 71:62 gewonnenen ersten Finalspiels um die deutsche Basketballmeisterschaft gegen Baskets Bonn, sondern es handelt sich um das 35:26 für Alba zwei Minuten vor der Halbzeit. Das Besondere an dieser Szene: Die Punkte wurden unter dem Korb herausgespielt – eine große Seltenheit, wenn sich die besten Defensivteams der Bundesliga gegenüberstehen.

Alba-Coach Svetislav Pesic hatte sich die von seinem Freund, Landsmann und Bruder im Geiste Bruno Soce betreuten Bonner als Endspielgegner gewünscht, obwohl ihm klar war, daß es gegen diese Mannschaft keinen Spaziergang wie in den vorigen Runden geben würde.

Bonns Spielmacher Derrick Phelps war es, der den Berlinern im ersten Finalspiel am Sonntag zunächst die größten Schwierigkeiten bereitete. Er war der einzige, der den Weg durch die enge Deckung zum Korbleger fand. Ungewohnt wirkungslos blieb indessen der zweite Neuzugang der Bonner in dieser Saison, Hurl Beechum. Dieser holte sich auf Anhieb den Bundesligarekord im Dreipunktewurf. „Wir haben schon gegen stärkere Werfer verteidigt“, hatte Marko Pesic vor dem Match lapidar gesagt. Die Aufgabe, diesen Worten Taten folgen zu lassen, blieb ihm jedoch erspart. Diese Rolle fiel Henrik Rödl zu, der Beechum nur zwei Dreier und insgesamt zehn Punkte gestattete.

Zunächst hatten sich beide Teams vor 5.977 Zuschauern in der längst nicht ausverkauften Halle allerdings fast neutralisiert. Bonns aufmerksame Defense bremste die gefürchteten Konter des Titelverteidigers, der es seiner Treffsicherheit von jenseits der Dreipunktelinie zu verdanken hatte, daß er nicht ins Hintertreffen geriet. Unter beiden Körben war dagegen kaum ein Durchkommen. Verständlich daher der Jubel von Rödl, als es ihm gelungen war, den Ball mit Durchsetzungsvermögen und Zähigkeit aus Nahdistanz in den Korb zu praktizieren.

Außerdem bewies er einen guten Riecher für das Wesentliche, denn es handelte sich tatsächlich um die Schlüsselszene der Schlüsselphase des Matches. In den Minuten vor und nach der Halbzeit mußten die Bonner ihrer schwächeren Bank Tribut zollen, und der Vorsprung Albas wuchs auf 16 Punkte. Zwar kamen die Bonner in den letzten Minuten noch einmal auf fünf Punkte heran, ein eleganter Dreier von Kiwane Garris besiegelte die 1:0-Führung der Berliner in der Best-of-five-Serie, die am Mittwoch in Bonn mit der zweiten Partie fortgesetzt wird. Matti Lieske