Keine Kerbe im Nationalpark

■ Lob und Tadel von Naturschützern für Reform des Gesetzes über den Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer

Im Konflikt um die geplante Erweiterung des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer ist das nordfriesische Kuratorium völlig „auseinandergedriftet“. Die Naturschutzvertreter warfen der Mehrheit des Gremiums gestern „Fundamentalopposition“ vor und erläuterten ein Sondervotum zum Regierungsentwurf. Der Westküstensprecher der SPD, Ulf von Hielmcrone, „begrüßte“ das Positionspapier. Er kündigte an, daß die Regierungsfraktionen sich ihrer „Verantwortung für die Gesetzesnovelle stellen“ würden.

Die Vorlage des grünen Umweltministers Rainder Steenblock könne den Nationalpark voranbringen, nötig sei aber „ein größerer Wurf“, sagte Hans-Ulrich Rösner von der Naturschutzorganisation WWF (World Wildlife Fund). Das vom erzkonservativen Husumer Landrat Olaf Bastian (CDU) geleitete Kuratorium sei als „politische Kampfgruppe gegen die rot-grüne Landesregierung“ instrumentalisiert worden, kritisierte Rösner.

Die elf Naturschützer und Wissenschaftler, die das Sondervotum tragen, lobten die geplante Erweiterung des Nationalparks um 60 Prozent auf 436.000 Hektar, listeten aber auch Kritikpunkte auf. So sollte das für die Südseite des Hindenburgdammes zur Insel Sylt vorgesehene nutzungsfreie Gebiet (etwa 10.000 Hektar) auf die Nordseite verlegt werden. Eine weitere nutzungsfreie Zone müsse für Dithmarschen reserviert werden. Weiter wird für die Elbmündung ein Mausergebiet zum Schutz von 200.000 Brandgänsen verlangt.

Außerdem fordern die Naturschützer, daß eine an das geplante Walschutzgebiet vor Sylt und Amrum südlich anschließende „Lücke“ geschlossen wird. Diese „Kerbe“ sei aus ökologischer Sicht völlig unverständlich und wohl auf den Einfluß von Lobbygruppen zurückzuführen. Die Umweltschützer befürchten, daß bald Schnellfähren durch die Aufenthaltsgebiete von Schweinswalen, Seehunden und Trauerenten düsen dürfen.

Steenblock hatte den Entwurf des neuen Nationalparkgesetzes im Januar vorgestellt. Er war nach zweijähriger Diskussion mit allen politischen, wirtschaftlichen und ökologischen Gruppen an der Westküste entstanden. Rösner appellierte an die rot-grüne Landesregierung, nicht im letzten Moment dem dennoch anhaltenden politischen Druck nachzugeben. Das Nationalparkgesetz müsse wie geplant in diesem Jahr verabschiedet werden, sonst sei das Schicksal der geplanten Reform nach der Landtagswahl Ende Februar nächsten Jahres vollkommen unsicher. smv