Konkret wie Sau

■ „Grand Slam – Spiel in fünf Sätzen“, das neue Projekt von Showcase Beat Le Mot

Läuft man in diesen Tagen am späten Abend durch die Klosterstraße und erhascht einen Blick durch die offene Tür der Parochialkirche, bietet sich ein eigentümliches Bild: junge Menschen hopsen im Gotteshaus über einen tiefblauen Tennisplatz, den fünf gelbe Iglu-Zelte säumen, und schlagen sich ungeübt Filzbälle um die Ohren. Man wird Zeuge der Ausläufer einer Performance: „Grand Slam – Spiel in fünf Sätzen“ heißt das neue Projekt von Showcase Beat Le Mot, das im Rahmen des Theaterfestivals „reich und berühmt“ erstmals in Berlin zu sehen ist.

Beat Le Mot, Beat Le Ball. „Abstrakt wie Sau“, warnt Performer Veith Spenger zu Beginn, werde es jetzt gleich abgehen. Der konkrete Tennisplatz mit Ballwurfmaschine, Netz und Schiedsrichterstuhl bleibt dennoch ein wichtiger Bezugspunkt: hauptsächlich als ästhetisches Leitmotiv, als „Spielfeld“, das auf seine theatrale Tauglichkeit und seinen Wert als Assoziationsspender hin examiniert wird. Und schön komisch und ungewöhnlich sieht es auch aus.

Ein Arrangement von Miniaturvorträgen, in denen elektronische Musik, tastende Choreographien und beiläufige Anekdoten einander wechselweise brechen oder illustrieren, schlägt großzügige Brücken von Sport zu Gesellschaft, vom Hobby zur Arbeitslosigkeit. Während einer vom Schiedsstuhl aus im Profi-Jargon den „Deck-Akt“ unter Zuchtpferden kommentiert, trudeln die anderen halb kujoniert, halb delirierend, auf Feld oder Weide herum. Aus der Ballwurfmaschine ploppt es rhythmisch, als es um die Erfindung einer Maschine geht, die „nicht nur glücklich macht, sondern glücklich ist“. Und im Verlauf eines kleinen Referats über die Historie des Tennissports bauen sich im Dunkeln zwei Performer mit hocherhobenen, phosphoreszierenden Leuchtstoffröhren voreinander auf. Zwischen ihnen wandert in Zeitlupe ein dritter mit gelb glimmenden Kopfhöhrern umher – eine wundersame, buddhistische Vision von Space-Tennis.

Gespielt wird dann aber doch noch, allerdings regelwidrig mit E-Gitarren oder von Rollsesseln aus. Die Igluzelte treten über Schriftprojektionen in einen geheimnisvollen Dialog, der David Lynchs „Lost Highway“ zitiert; ein Gewürzgurkenvideo erläutert, weshalb beim Tennis immer „Love“ das Ziel des Spiels sein muß. Mental questions eben.

Im vergangenen Jahr hatte Showcase zu einem langen und gemächlichen Performance-Abend („Radar, Radar – nichts ist egal“) in den Prater geladen, der auch ohne roten Faden, dafür mit Rauchgebot, stärkender Zwischenmahlzeit und kuscheligen Sofas sehr kurzweilig war.

„Grand Slam“ kommt kürzer und konzentrierter; auf die zahlreichen biographischen und kunsttheoretischen Bezüge haben die fünf Performer diesmal weitgehend verzichtet, sich gar für Momente auf ein ironisches Rollenspiel eingelassen und trotzdem getreulich einen Beitrag zu den cultural studies der westlichen Gesellschaften abgeliefert. Wenn einem bloß Tennis – und sei es als Metapher – nicht so herzlich egal wäre! Das Publikum folgte indes der abschließenden Einladung zum Punktspiel – und zwar konkret wie Sau. Eva Behrendt

Weitere Aufführungen: Vom 6. bis 8.Mai, ab 21 Uhr, Parochialkirche, Klosterstr. 67, Mitte