Press-Schlag
: Blonder Zampano

■ Auch in der zweiten Liga inszeniert Winfried Schäfer am liebsten sich selbst

Der Vorhang hebt sich, auf die Bühne tritt der blondgemähnte Held. Herzlich wird er empfangen, und als vereinzelt Bezeugungen des Mißfallens hörbar werden, schlägt der große Rest im gutgefüllten Rund des Theaters die Hände noch fester aneinander, um den wohlverdienten Applaus besonders warm herabprasseln zu lassen auf den Heroen.

Ungefähr so dürfte sich Winfried Schäfer die Rückkehr nach Karlsruhe vorgestellt haben. Genau so kam es schließlich an diesem Montag abend: Einmarsch in Begleitung von Kamerateams und Fotografen kurz vor Spielbeginn, winken nach rechts, winken nach links, winken hinüber auf die andere Seite, wo jene stehen, die ihn einst feierten, später zum Teufel wünschten und jetzt empfingen mit lauthalsen „Wiiiiniiie Schäfer“-Gesängen und Spruchbändern, auf denen Sätze gepinselt standen wie „Herzlich Willkommen zu Hause, Winnie“.

Als ob er ein Protokoll abzuhandeln hätte, spulte der 49jährige seine Empfangszeremonie ab, bevor er Platz nahm auf der hölzernen Bank, um dem wenig berauschenden Spitzenspiel der 2. Bundesliga zu folgen, das torlos endete zwischen dem Karlsruher SC und der von Schäfer trainierten Tennis Borussia aus Berlin.

Und vielleicht, sehr wahrscheinlich sogar, hat Schäfer, der schon immer ein Meister der Gesten war, all diese Dinge im vorhinein durchgespielt in seinem Kopf. Und was schließlich zur Aufführung kam, war letztlich nichts anderes als eine kühl durchdachte Inszenierung, um die Emotionen zu schüren im Wildpark-Oval.

Denn daß der Abend nicht ohne wehmutsweckende Erinnerungen über die Bühne gehen würde, war ihnen allen klar. Zwölf gemeinsame Jahre – und so unglaublich lange war Schäfer Trainer beim Karlsruher SC, bevor sie ihm den Laufpaß geben mußten im März vor einem Jahr – lassen sich nicht einfach ausradieren. Schon gar nicht, wenn die meisten dieser Tage schön waren und erfolgreich – und man sich gerne an sie zurückerinnert, gerade weil die Zeiten schlechter geworden sind. „Es ist schon etwas Besonderes, wenn man so lange Zeit zusammengearbeitet hat“, hat Roland Schmider, der Präsident des Karlsruher SC, am Montag abend deshalb gesagt und gleich danach von der „erfolgreichsten Ära des KSC“ gesprochen, die man gemeinsam mit Winnie erlebt habe. All die Geschichtchen lagen in diesem einen Satz: Wie sie einst aufgestiegen sind in Liga eins, den damals maroden Verein saniert haben, wie sie in den Uefa-Cup und dort sogar ins Halbfinale gestürmt sind, und wie sie doch ihre Besten immer wieder verkaufen mußten, meist Richtung München.

Jetzt, da beide hinabsteigen mußten in das Fegefeuer von Liga zwei, ist ihnen nicht mehr geblieben als die Hoffnung, sie könnten die Geschichte der ruhmreichen Zeiten wiederholen, jeder für sich. Der KSC mit dem kleine Rest des Geldes, das einst unter Schäfer verdient wurde, Schäfer mit dem Image des großen Zampano, das er sich einst in Karlsruhe erwarb und das er nun bei Tennis Borussia stets geschickt ins Felde führt, wenn er vom großen Fußball erzählt, den es gemeinsam zu erreichen gelte. Und für den sie ihn in Karlsruhe heute noch als Helden feiern.

Frank Ketterer