Europa ist sich jetzt selbst am nächsten

■ In Johannesburg erklärt der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Ludger Volmer, das Ende der selbstverständlichen Hilfe für Afrika

Johannesburg (taz) – Angesichts des Krieges im Kosovo könne Afrika weniger selbstverständlich als bisher auf Hilfe aus Europa vertrauen. Diese Ansicht vertrat der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Ludger Volmer (Bündnis 90/Die Grünen), am Montag abend im Gespräch mit deutschen Journalisten in Johannesburg. „Die Afrikaner waren es gewöhnt, daß die Europäer nach der Phase der Entkolonialisierung als Helfer zur Verfügung stehen“, sagte Volmer.

Nun habe Europa plötzlich selbst ein Problem, das sehr schwer zu lösen sei und das niemand in diesem Ausmaß erwartet habe. Das führe zwangsläufig dazu, daß sich bisher vertraute Weltbilder veränderten, und auch Europa selbst nehme sich nun vollkommen anders wahr. „Von einer konfliktlösenden Kraft sind wir nun selbst zum Konflikt geworden.“

Schon jetzt würden durch den Krieg im Kosovo politische und finanzielle Ressourcen absorbiert, so Volmer. Auch nach einem Ende des Konflikts werde dieser enorme Folgekosten nach sich ziehen, die die Haushalte auf Jahre hinaus belasten würden. Das bedeute aber nicht, daß die humanitäre Hilfe der Bundesregierung für Afrika verringert werde. „Ziel der Bundesregierung ist es, viel stärker als bisher regionale Strukturen zu fördern und damit zur Stabilisierung beizutragen.“ Dazu gehöre auch die Unterstützung regionaler Initiativen zur Friedenssicherung.

Volmer bekräftigte, daß es zur aktuellen Politik der Bundesregierung auf dem Balkan derzeit keine Alternative gebe. Er hoffe jedoch auf eine möglichst schnelle Umsetzung des deutschen Friedensplans. Den Vorwurf, daß Teile der Grünen ihre pazifistischen Überzeugungen über Bord geworfen hätten, wies er zurück.

Hätten Südafrikaner und andere Afrikaner gehört, was Volmer bei seinem kurzen Zwischenstopp auf dem Internationalen Flughafen von Johannesburg zu sagen hatte, hätte er vermutlich heftige Kritik geerntet. Denn in vielen Ländern Afrikas herrscht kein allzu großes Verständnis für die Aufregung um den Krieg in Europa und die Flüchtlingsströme – im eigenen Land oft seit Jahrzehnten Alltag.

Volmer hatte zuvor am Montag als offizieller Vertreter der Bundesregierung und der Europäischen Union an der Eröffnung der ersten Konferenz der Unterzeichnerstaaten der Antilandminen-Konvention in der mosambikanischen Hauptstadt Maputo teilgenommen. Mehr als 700 Delegierte aus über 100 Ländern wollen bis Freitag eine erste Bilanz des 1997 ausgehandelten Vertrages und bessere Maßnahmen zur Umsetzung erörtern. Kordula Doerfler