■ Pappplakate (Propagandaserie Teil 3)
: Positive Kräfte sind für IHN

Bremens Bürgermeister liebt Wahlplakate nicht. Es ist eher ein Denkzettel, was er in der Stadt mit seinem Kopf kleben ließ. „Ich verspreche Ihnen, die positiven Kräfte der Stadt zusammenzuführen.“ Was soll uns das suggerieren?

Erstmal sicher: „Ich verspreche zu führen.“ Das Plakat ist der Machtanspruch des Bürgermeisters. Nicht gemeinsame Ziele und Interessen führen zusammen, sondern ER führt uns. Aber nur, wenn wir „positive Kräfte“ sind. Bin ich eine „positive Kraft“? Habe ich nicht schlecht gedacht über dieses und jenes? Gibt es eine Adresse für eine Beichte, eine Chance, umzukehren, um bei den positiven Kräften Aufnahme zu finden? Die „negativen Kräfte“ jedenfalls gehören zum Reich des Bösen, sind des Teufels. Wer sich nicht von IHM als positive Kraft zusammenführen läßt, wird zur Hölle fahren.

Wer die positiven Kräfte zusammenführen will, will das Gute, ist die positive Kraft, das Gute. Die Geste der beiden Hände auf dem Plakat erinnert an den Papst, wenn der – urbi et orbi – den Völkern der ganzen Welt seinen christlichen Segen zuteil werden läßt.

Das ist kein plumpes politisches Wahlplakat. Dafür wäre schon die Schrift zu klein, der Satz zu lang und zu wenig griffig, das Foto zu ungünstig und zu wenig farbig und überhaupt alles zu klein. Nein, Scherf begibt sich nicht in die Niederungen des demokratischen Großflächen-Meinungsstreites mit anderen Wahlbewerbern. Daß eine Partei Opposition spielen wird, um alles zu kritisieren, was die legitime Regierung macht, das ist das eigentlich Destruktive, das Negative. Scherf hat einen Abscheu davor bekommen, seitdem er an der Spitze, wenigstens im kleinen Bremen, angekommen ist, er kennt keinen Parteienstreit mehr, sondern nur noch positive Kräfte, und der unansehnliche Rest, der nicht positiv für ihn sein kann oder will, ist ein Nichts für IHN. K.W./Foto: Marina