Grüne plädieren für Feuerpause

■  Landesvorstand legt Parteitagsantrag für eine befristete Feuerpause vor. Drei Anträge der Linken fordern Ende der Kämpfe und Verurteilung der Nato-Selbstmandatierung

Der grüne Landesvorstand plädiert im Kosovo-Krieg für eine einseitige, befristete Waffenpause der Nato. Diese soll zur Aufnahme von Verhandlungen genutzt werden. Ein entsprechender Antrag, der gemeinsam mit Vertretern der Linken und des Realo-Flügels erarbeitet wurde, wird am Freitag abend bei der Landesdelegiertenkonferenz vorgelegt. Landesvorstandssprecher Andreas Schulze zeigte sich gestern optimistisch, daß der Antrag mehrheitsfähig ist. Falls er vom Landesparteitag angenommen werde, solle er beim Grünen-Sonderparteitag zum Kosovo-Krieg am 13. Mai in Hagen eingebracht werden.

Der Berliner Delegiertenkonferenz werden zudem drei Anträge der Parteilinken vorliegen, die sich für eine sofortige Beendigung der Kampfhandlungen aussprechen. Bei einem Treffen am Mittwoch abend wollten die Antragsteller – die Kreuzberger Bezirksgruppe, der Bereich Frieden/Internationales und die Abgeordnete Ida Schillen – versuchen sich auf eine gemeinsame Linie zu einigen.

Der Antrag des Landesvorstandes sieht eine Friedenstruppe vor, die unter UN-Mandat in das Kosovo einrücken soll. Sie könne „unmöglich unter Nato-Kommando stehen und ebensowenig mehrheitlich aus jenen Staaten zusammengesetzt sein, die sich an den laufenden Kriegsaktionen beteiligen“. Weitere Kernpunkte sind eine UN-Balkankonferenz, eine verstärkte Flüchtlingshilfe und die zusätzliche Aufnahme von vertriebenen Kosovaren.

Für den Fall, daß der jugoslawische Präsident Slobodan Miloevic die Feuerpause nicht zu einem Truppenrückzug aus dem Kosovo nutzt, sollen die Nato-Luftangriffe fortgesetzt werden, erläuterte Andreas Schulze. Eine zweite oder dritte Feuerpause sei jedoch denkbar. Der Einsatz von Bodentruppen wird aber entschieden abgelehnt. Ein Bodenkrieg der Nato dürfe auch ohne direkte Teilnahme deutscher Truppen weder politisch noch materiell unterstützt werden, heißt es in dem Antrag.

Neben dem Hauptstreitpunkt, ob eine befristete Feuerpause oder ein Ende der Kampfhandlungen gefordert wird, wollen etliche Linke eine Verurteilung der Nato-Selbstmandatierung durchsetzen. Diese wird im Vorstandsantrag zwar sehr kritisch bewertet, aber nicht explizit abgelehnt. Der Kreuzberger Antrag sieht hingegen „keine ernstzunehmende Rechtfertigung für den Verstoß [der Nato – d. Red.] gegen die UN-Charta“. Er ignoriert damit allerdings, daß die Nato-Angriffe am Veto Rußlands und Chinas im UN-Sicherheitsrat gescheitert wären. Der Kreuzberger Antrag fordert Reparationszahlungen an die serbische Zivilbevölkerung sowie „eine Entschuldigung“ für die Schäden. Das „Verhalten der grünen Bonner“, die mit ihrer Zustimmung zu den Nato-Angriffen den Grundkonsens der Partei verlassen hätten, wird als „schwer erträglich“ bezeichnet. Die Schlußfolgerung aus dem „desaströsen Militäreinsatz“ könne für die Grünen nur lauten, „in Zukunft solche abenteuerlichen Aktionen zu unterlassen“. Dorothee Winden