Hilfe für Sicherheit gefordert

SPD-Fraktionschef Böger sieht „aggressives Demonstrationspotential“ in Berlin und hofft auf mehr Unterstützung vom Bund zum Schutz von Regierung und Parlament  ■   Von Philipp Gessler

Stell Dir vor, es ist Umzug und niemand ist sicher: Nur noch ein Vierteljahr bis zum tatsächlichen Beginn des Regierungsbetriebs in Berlin, und die SPD der Hauptstadt macht sich Sorgen um die Sicherheit. Das Hauptproblem, so ihr Fraktionschef Klaus Böger, ist der Schutz der Ministerien, des Parlaments und der Botschaften vor allem im Bezirk Tiergarten an der Spree. Berlin könne mit seinen Kräften und Mitteln als Stadtstaat – im Gegensatz zu Bonn mit dem bevölkerungsreichen Bundesland Nordrhein-Westfalen im Hintergrund – die Sicherheit im Regierungsviertel nicht in dem Maße leisten, wie bisher vorgesehen: Der Bund müsse manche Aufgaben zusätzlich übernehmen, etwa den Personenschutz des Botschaftspersonals.

Zwar sei die Berliner Polizei „gut gerüstet für die Hauptstadtrolle“, gleichzeitig gebe es aber in einer Millionenstadt ein aktiveres und „aggressives Demonstrationspotential“, dem man begegnen müsse. Außerdem falle der Bundesrepublik durch die Wiedervereinigung eine wichtigere weltpolitische Rolle zu – und damit „etwas härtere Sicherheitsbedingungen“ im Regierungsviertel.

Schon in den vergangenen Jahren habe man bei der zuständigen Polizeidirektion in der Stadtmitte einen sprunghaften Anstieg der Personalanforderungen zu bewältigen gehabt: Mußten 1995 lediglich 193 Veranstaltungen mit mehr als fünf Polizisten beaufsichtigt werden, waren es vergangenes Jahr bereits 765. Und richtig los gehe es erst, wenn die Bonner da sind, mahnte Böger.

Die Hoffnungen richten sich in der Hauptstadt deshalb unter anderem auf ein neues Lagezentrum für die Sicherheitsbehörden in der Kruppstraße in Moabit. Es sollte eigentlich schon zum Regierungsumzug fertig sein, wird aber Böger zufolge wohl erst 2001 in Betrieb gehen können. In ihm sollen die Daten aller Sicherheitsbehörden, von der Landespolizei, über den Bundesgrenzschutz bis zum Bundesnachrichtendienst zentral gesammelt werden. Die Landespolizei könne dann relativ nahe am Geschehen Weisungen für den Einsatz geben. Außerdem soll ein neuer Polizeiabschnitt, eine Ebene unter der Direktion, eingerichtet werden. Er wird für das ganze Regierungs- und Parlamentsviertel zuständig sein.

Auch wenn viele Fragen zur Sicherheit in der Hauptstadt, etwa zur Bannmeile, ungeklärt blieben, Böger stellte immerhin klar, daß er es ablehnt, die Straßen um die geplante US-Botschaft am Pariser Platz am Brandenburger Tor aus Sicherheitsgründen zu verlegen, wie es die Amerikaner gefordert hatten. Auch an eine „dauerhafte weitreichende Absperrung“ des Pariser Platzes aus Sicherheitsgründen sei nicht zu denken. Vielmehr sind Böger zufolge viele Fragen vor allem bei den Sicherheitskosten „am elegantesten“ im neuen Hauptstadtvertrag zu lösen – der alte läuft dieses Jahr aus. Zu regeln sein werde da auch, daß es nicht weiter eine Spaltung der Besoldung der Regierungsviertel-Polizisten aus dem ehemaligen Ost- und Westteil der Stadt gibt. „Das wird sich als unhaltbar erweisen“, unterstrich Böger.

Und weil schon Wahlkampfzeiten in Berlin sind, gab es auch noch einen Seitenhieb auf den CDU-Innensenator Eckart Werthebach: Wenn der nun lauthals mehr Hilfe aus Bonn fordere, sei daran zu erinnern, daß Werthebach vor seiner Senatorenzeit im Bundesinnenministerium als Staatssekretär selbst für die Sicherheitsplanung in der Hauptstadt Mitverantwortung getragen habe. Es geht eben in Berlin – auch mit neuer „Hauptstadtrolle“ – nichts über Parteipolitik.