„Mein Gott, müssen wir viele Kinder kriegen“

■ Zum ersten Mal traten lesbische und schwule Paare vor den Standesbeamten

„Ich schließe jetzt ab“, sagt der Standesbeamte Rolf Paschen resolut, „sonst wird das hier nie was.“ Journalisten mit Fernseh- und Photokameras müssen draußen bleiben, dürfen aber durch die großen Fenster zugucken, wie im Erdgeschoß des Bezirksamts Eimsbüttel die „erste Eintragung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften“ in Hamburg von statten geht.

Stolze Eltern, TrauzeugInnen, Freundinnen und Freunde umflatterten aufgeregt die Brautleute. Die PionierInnen der „Hamburger Ehe“, drei lesbische und vier schwule Paare, stellen sich tapfer dem Medienrummel. „Das ist Politik hier“, kommentiert Simone Klipp, eine der Heiratenden. Dennoch bleibt die Ehe eine Herzensangelegenheit: „Für uns würden auch evangelische Segnungen in Frage kommen“, sagt Rainer Kühnert vor dem Schritt ins Standesamt.

Drinnen hält Rolf Paschen seine Begrüßungsrede. Er hofft, „daß dieses denkwürdige Ereignis irgendwann völlige Normalität sein sein wird“. Zwar sei die Eintragung der Liebenden in ein eigens dafür geschaffenes Partnerschaftsbuch noch keine Ehe mit Rechten und Pflichten, „aber wir erwarten Akzeptanz von Vermietern, Ärzten und Gerichten, wenn diese Urkunden vorgelegt werden“, sagt der Standesbeamte fast kämpferisch zum erfreuten Publikum.

Der Lesbenchor „Schrillerlocken“ singt von „Love, that I found“. Dann kommen die Brautpaare an die Reihe. Jedes Ja-Wort zieht Applaus nach sich, Unterschriften, Küsse, Händeschütteln. Trauzeugen zücken Ringe, Brautbouquets fliegen in die Menge. Wer wird die oder der nächste sein?

Krista Sager (GAL) tritt vor – in ihrer Eigenschaft als Senatorin für Gleichstellung, wenn auch „ganz gerührt“, obwohl sie „keiner Schwiegermutter Konkurrenz machen will“. Diskriminierung gebe es immer noch, sagt sie und dankt den Paaren, daß sie den Mut hatten, „hier nicht nur symbolisch anzutreten, sondern auch um den politischen Rückenwind für eine Bundesregelung zu liefern“.

Als die Eheleute wieder nach draußen treten, pustet ihnen Wind entgegen. Reisregen prasselt hernieder. „Mein Gott, müssen wir viele Kinder kriegen“, sorgt sich ein frisch gebackener Bräutigam. Mariam Ujam (21), eine der Getrauten, ist zufrieden. Sie wollte schon immer heiraten. Ihrer Liebsten sind die vielen Kameras nicht geheuer. Sie denkt an den Tag danach, wenn die KollegInnen im Büro womöglich ihr Bild in der Zeitung sehen. Christiane Tursi