■ Der erste rot-grüne Haushalt hat kein erkennbares Konzept
: Von Amerika lernen

Man möchte ja nicht in der Haut der Sozialdemokraten stecken. Den Reichen zu nehmen, um den Armen zu geben – das wäre moralisch schön. Geld mit vollen Händen auszugeben, um damit Arbeitsplätze zu schaffen und möglichst auch noch Bildung und Kultur zu fördern, was wäre das für ein Regierungsleben. Aber die Wirklichkeit ist nicht so. 225 Millionen Mark muß der Staat Tag für Tag für seine Schulden an Zinsen zahlen, den Couponschneidern sozusagen in den Rachen werfen, statt das Geld für Sinnvolleres auszugeben.

Der neue Finanzminister mit dem Buchhaltercharme hat deshalb nur folgerichtig die haushaltspolitische Linie der rot-grünen Koalition in drei Worten zusammengefaßt: Sparen, sparen, sparen. Und tatsächlich hat die rot-grüne Regierung bessere Chancen als die frühere schwarz-gelbe, einen harten Sparkurs zu fahren, auch wenn's moralisch schwerfallen mag. Die Einsicht ist da, und die Opposition ist im Grunde derselben Ansicht. Da mag noch ein wenig um die Details gestritten werden, vor allem, was die steuerliche Nettoentlastung anbelangt, die die Wirtschaft vehement einfordert. Aber das Prinzip ist klar: Alle, die auf staatliche Wohltaten hoffen, ziehen sich besser warm an. Sie können, anders als zu Kohls Zeiten, nicht mal auf die Unterstützung der Opposition hoffen.

So weit, so gut – aber was wird eigentlich aus dem Anliegen, das die Regierung Schröder zu ihrem zentralen erklärt hat: dem Abbau der Arbeitslosigkeit? Die Äußerungen von SPD-Politikern in der Haushaltsdebatte zeugen von einer eher peinlichen Hilflosigkeit. Wirtschaftsminister Müller verzog sich hinter das „schlechte Erbe“ der Vorgängerregierung, und Kanzler Schröder wiegelte ab, so schlecht sei die Entwicklung am Arbeitsmarkt doch gar nicht.

So degeneriert das an sich begrüßenswerte Ziel Eichels, irgendwann zu einem Etat ohne Neuverschuldung zu kommen, zum puren Selbstzweck. Ein Haushaltswunder, wie es sich vergangenes Jahr in den USA ereignete, als sich plötzlich sogar ein Überschuß ergab, wird zwangsläufig ausbleiben. Die US-Regierung nämlich setzte nicht blindlings auf einen eisernen Sparkurs. Vielmehr kombinierte sie Einsparungen mit gezielten Steuererhöhungen und, was das Wichtigste ist, mit strategischen Investitionen in Ausbildung, Forschung und Infrastruktur sowie die Förderung der Exportwirtschaft. Ein vergleichbares Konzept sucht man bei der Schröderschen Regierung vergebens. Nicola Liebert