■ Kommentar
: Frieden in Sicht  Der G-8-Gipfel bringt den diplomatischen Durchbruch

Also doch, mit aller gebotenen Vorsicht: der politische Durchbruch. Die fünf Grundsätze, auf die sich der G-8-Gipfel geeinigt hat, können den Weg zu einer UNO-Sicherheitsresolution freimachen, die das Ende der serbischen Unterdrükkungspolitik, die Rückkehr aller Flüchtlinge und die volle Autonomie des Kosovo beinhalten würde. Den Kernpunkt bildet das Einverständnis, „civil and security presences“ unter dem Dach der UNO im Kosovo zu stationieren. Also Nato plus Rußland plus Neutrale.

Die Streitmacht ebenso wie der zivile Apparat werden unter Berufung auf den Abschnitt VII der UNO-Charta stationiert werden. Das bedeutet: Eine Zustimmung von Miloevic ist völkerrechtlich nicht notwendig.

Trotz dieser eindeutigen Beschlußlage hat der russische Außenminister Iwanow erklärt, die Verwirklichung der Prinzipien setze umfassende Gespräche auch mit Miloevic voraus. Die Einhaltung der beschlossenen Grundsätze vorausgesetzt, ist dagegen nichts einzuwenden, im Gegenteil. Die russische Diplomatie ist unentbehrlich, wenn es darum geht, die zu erwartenden Störmanöver Miloevic' zum Scheitern zu bringen. Solche Manöver sind todsicher zu erwarten, denn die G-8-Erklärung enthält keinerlei Details und keine Fristen, die den Rückzug der „militärischen, polizeilichen und paramilitärischen Kräfte aus dem Kosovo“ regeln würden. Sie enthält übrigens auch kein Datum für ein Ende der Luftangriffe.

Warum hat Rußland zugestimmt? Weil Rußlands Regierung vielen konträren Meinungen zum Trotz weder strategische Interessen in der Region geltend macht, noch irgendwelchen panslawistischen Phantasmen nachhängt. Sie hat ihren Großmachtstatus unter Beweis gestellt, und sie hat den Westen verpflichtet .

Kommt diese Prinzipienerklärung nicht zu spät? Ja, wenn man die Frage ins Zentrum stellt, ob Kosovaren und Serben in absehbarer Zeit, sich selbst überlassen, friedlich miteinder leben können. Nein, wenn eine längere militärische und zivile internationale Präsenz im Kosovo ins Auge gefaßt wird. Um eine solche Präsenz, wenn man will, um ein UNO-Protektorat führt kein Weg herum.

Letzte Frage: Waren die Bombardements notwendig, um dieses Abkommen zu erreichen? Eine grundlegende Frage, sehr schwer zu beantworten. Ich glaube es nicht. Christian Semler