Nato fährt mit Politikern Schlitten

Vor kaum zehn Jahren wurde in Deutschland eine Diktatur durch friedliche Proteste und Verhandlungen abgelöst. Hierbei hatte das Bündnis 90 eine tragende Rolle gespielt, und für den späteren Zusammenschluß von Bündnis 90 und den Grünen zu einer Partei war das gemeinsame Prinzip der Gewaltfreiheit eine wichtige Basis gewesen. Dies scheinen viele von Bündnis 90/Grünen in der Bundesregierung genauso vergessen zu haben wie die Tatsache, daß militärisches Eingreifen ohne ein Mandat des Weltsicherheitsrates einen Bruch des Völkerrechts bedeutet. Sollte die Nato ihr Vorhaben wahr gemacht haben, uranhaltige Munition einzusetzen, hat sie sich eines weiteren menschenverachtenden Verbrechens schuldig gemacht.

Ablehnende Stimmen zur Politik der Nato gibt es bei Angehörigen vieler Parteien. Namhafte Politiker wie Henry Kissinger und Richard Holbrooke hatten vor einem militärischen Eingreifen der Nato im Kosovo-Konflikt gewarnt; sie hatten vorausgesagt, daß Miloevic in diesem Fall sein Morden und Vertreiben im Kosovo bis zum Völkermord verstärken würde.

Die Nato selbst hat in den vergangenen Wochen mehrmals eingestanden, daß durch ihr Eingreifen keine einzige Greueltat Miloevic' verhindert wurde. Miloevic' Verstöße gegen die Menschenrechte können von anderen Staaten nicht hingenommen werden – militärische Gegenaggression ist jedoch weder das einzige noch das richtige Mittel, darauf zu reagieren. [...] Julia Romano, Melsungen

Obwohl selbst Deutschserbe, als zweijähriger 1959 eingebürgert, war ich anfangs für die Nato-Luftangriffe auf Jugoslawien. Es war ein Versuch! Aber nach der ersten Woche erfolgloser Luftangriffe konnten wir alle sehen, daß wir so den Kosovaren nicht helfen!

[...] Es ist offensichtlich: Die Nato-Generalität fährt Schlitten mit unseren Politikern! Kein Bundestagsabgeordneter meiner Partei (SPD) außer Hermann Scheer und Oskar Lafontaine erhebt seine Stimme; ich schäme mich für das feige Verhalten der Bundestagsabgeordneten meiner Partei!

Wie mutig ist eine Annelie Buntenbach, die ihre Karriere als Politikerin noch vor sich hat und trotzdem laut und deutlich protestiert. Wenigstens hat sich jetzt, endlich, der SPD-Unterbezirk Herford für einen unverzüglichen Waffenstillstand, auch einseitig, ausgesprochen! Nicolo Bivolarevic, Westerenger

[...] Gut, „wir“ sind in der Regierung. Das darf uns aber nicht daran hindern, diesen obszönen, chirurgischen Bombenkrieg zu kritisieren und seine Macher zu überstimmen und umzustimmen. Joseph Fischer muß jetzt zur Einsicht gebracht werden, daß sein Weg falsch war. Seine Rechnung geht nicht auf. Bomben sind nicht humanitär. Das haben wir doch immer gewußt! Die öffentliche Meinung scheint allmählich zu kippen. Jetzt müssen wir drinbleiben, uns einsetzen – vielleicht schaffen wir die Umkehr unserer fehlprogrammierten Repräsentanten. Laßt uns nicht allein. Klaus Hoffmann, Stadtrat, Bündnis-Grüne, Ludwigsburg