■ Belgrads offizielle Reaktionen auf den G-8-Plan sind zurückhaltend. Aber zum ersten Mal darf eine UN-Delegation ins Kosovo. Das politische Klima ändert sich. Auch die UÇK verhält sich nicht eindeutig ablehnend. Positive Signale gibt es ebenso vom Mitglied des Sicherheitsrats, China. Jetzt gilt es, den Plan zu konkretisieren.
: Friedenstruppen – ja! Aber welche?

Distanziert, jedoch auch ungewöhnlich differenziert, berichten die gleichgeschalteten serbischen Medien über das Übereinkommen der G 8 in Bonn. Die Einigung Rußlands mit dem Westen zur Beendigung der Luftangriffe auf Jugoslawien und eine friedliche Lösung der Krise im Kosovo beurteilt die einflußreiche Tageszeitung Politika als ein „Nachgeben der Nato“. Die internationale Gemeinschaft habe eingesehen, daß die durch die „Aggression der Nato“ auf Jugoslawien verursachte kritische Situation nur im Rahmen der UN überwunden werden könne. Der „verbrecherische Weltpolizist“ sei durch die immer heftigere Kritik der Weltöffentlichkeit und den Einsatz Rußlands zum Kompromiß gezwungen gewesen.

Gleichzeitig veröffentlichte Politika gestern aber erstmals auch seit Beginn der Angriffe eine Umfrage, in der die Bewohner mehrerer jugoslawischer Großstädte zu einem möglichen Abzug der Armee aus dem Kosovo befragt wurden. Danach sprachen sich 43,1 Prozent der Befragten für eine „gewisse Form des Abzuges“ aus, 44,2 Prozent waren weiter dagegen. 75,1 Prozent erklärten sich jedoch mit der Stationierung einer unbewaffneten internationalen Mission im Kosovo bereit, 14,2 Prozent fanden eine Streitmacht unter UN-Kommando und unabhängig von ihrer nationalen Zusammensetzung akzeptabel.

Doch gerade Stationierung und Zusammensetzung der Friedenstruppen im Kosovo, die eine sichere Rückkehr der kosovo-albanischen Flüchtlinge und die Implementierung eines politischen Abkommens ermöglichen sollen, sind weiter strittig. Vom Standpunkt der jugoslawischen Regierung ist die Nato der einzige Schuldige am Ausbruch des Krieges, den Mord an unschuldigen Zivilisten, die systematische, ungerechtfertigte Zerstörung Jugoslawiens und die Flüchtlingskatastrophe der Kosovo-Albaner. Analytiker in Belgrad meinen, daß der jugoslawische Präsident Miloevic die Präsenz nicht nur von zivilen Beobachtern, sondern auch von bewaffneten Bodentruppen unter der Obhut des UN-Sicherheitsrates akzeptieren würde. Doch Miloevic lehnt weiter stur die Beteiligung der Soldaten aus den Mitgliedsstaaten der Nato ab.

Jugoslawien sei bereit, die über 100.000 Mann starken Streitkräfte im Kosovo auf 12.000 zu reduzieren, sagte Miloevic unmittelbar vor dem Zusammentreffen der G 8, doch zuerst müßte die Nato die Luftangriffe einstellen und ihre Truppen, die Jugoslawien bedrohen, aus den Nachbarländern zurückziehen. Danach würde einer politischen Lösung nichts mehr im Wege stehen. Jugoslawien lehnt weiter die Vermittlerrolle Amerikas und der EU ab, die Friedensgespräche müßten direkt zwischen Vertretern der serbischen Regierung und der Kosovo-Albaner geführt und die Ergebnisse von der UN verifiziert werden.

Als Zeichen des guten Willens hat Belgrad der Entsendung einer UN-Delegation in den Kosovo zugestimmt. Sie sollte sich frei bewegen können, die humanitäre Lage untersuchen und die durch die Nato verursachten Zerstörungen feststellen. Auch das internationale „Rote Kreuz“ und andere humanitäre Organisationen könnten in den Kosovo zurückkehren, verkündete die jugoslawische Regierung. Das einzige Hindernis seien die Luftangriffe der Nato.

„Unsere Regierung lehnt die Anwesenheit egal welcher bewaffneten Truppen auf dem Territorium der Bundesrepublik Jugoslawien ab“, erklärte jedoch energisch der serbische Vizepremier und Anführer der ultranationalistischen Radikalen, Vojislav eelj. Serbien sei bereit, eine internationale Präsenz im Kosovo nur in der Form von unbewaffneten Beobachtern zu dulden, selbstverständlich dürften die Nato-Staaten nicht beteiligt sein. Diese Einstellung werde Serbien nicht ändern. Das Bombardement der Nato sei ein Beweis dafür, wie „unermeßlich die Nato das serbische Volk haßt“. Andrej Ivanji, Belgrad weitere Informationen: AFP