Portrait Thomas Schaaf
: Bremer Urgestein

■ Neuer Trainer ist Badenser und fing bei Rot-Weiß Bremen mit dem Kicken an

Das Präsidium des SV Werder wird den Weg frei machen, Felix Magath ist seinen Mythos als Magier los, da paßt es doch nur allzu gut, kurzerhand mit noch einem Mythos aufzuräumen: Thomas Schaaf, das Bremer Urgestein schlechthin, der Cheftrainer der Amateure seit 1995, das grün-weiße Eigengewächs also, der Vorzeige-Werderaner von Kindesbeinen an, ist nämlich streng genommen gar kein Bremer, sondern ein gebürtiger Badenser: In Mannheim verbrachte er die ersten Lebensjahre und zog erst mit sechs Jahren nach Bremen. Das nur der Ordnung halber, die sein Vorgänger auf dem Stuhl des Werder-Cheftrainers so liebte.

Aber lassen wir es einfach mal gelten mit dem Urgestein, schließlich hatte Schaaf ja auch kaum, daß er in Bremen war, mit dem Kicken begonnen. Allerdings zunächst nicht bei den Grün-Weißen, sondern bei den Rot-Weißen nebenan, beim BBV Union, nur einen Steinwurf vom Weser-Stadion entfernt. Bei einem Club also, den es inzwischen gar nicht mehr gibt. Lange blieb er dort nicht, seit 1972 spielte Schaaf für den SV Werder, für den Verein, „mit dem ich mitleide, mit dem ich mich voll identifiziere“, so der 38jährige am Rande der gestrigen Pressekonferenz.

Alles andere wäre reichlich merkwürdig, denn Schaaf hat – seit 1979 im Profikader – ab 1982 als aktiver Bundesligaspieler in 262 Bundesligaspielen für den SV Werder alle Höhen und Tiefen des Vereins miterlebt. Eher die Höhen. Deutscher Meister wurde er, DFB-Pokalsieger, Europapokalsieger.

Eben einer aus der glorreichen Zeit. Einer, der nach der Karriere als Aktiver quasi als Prototyp den Weg ging, den inzwischen auch die Kollegen Neubarth, Wolter und Votava gegangen sind, und den Kollege Eilts gehen wird – den Weg als Trainer in der Amateur- respektive Jugendabteilung des SV Werder. Schaaf wurde mit der A-Jugend 1993 deutscher Vizemeister, ehe er von Rehagel-Nachfolger Aad de Mos 1995 zum Cheftrainer der Amateure befördert wurde.

Nach einem sogenannten ersten Seuchenjahr, in dem Werders Talentschuppen fast aus Liga drei absteigen mußte, mischt Schaaf mit seiner Gang die Regionalliga Nord gehörig auf. Spielerische Klasse, fast gnadenloser Offensivfußball, wird Woche für Woche auf Platz 11 zelebriert. Angeleitet von einem, der als Spieler immer der Kategorie Arbeiter zugerechnet wurde. Thomas Schaaf gilt als absoluter Fußball-Fachmann, da kann man fragen, wen man will. Seinen Amateur-Spielern fällt auch nichts weiter ein als zu sagen: „Super-Trainer.“ Schaaf hat als Trainer seinen Stil gefunden, einen Stil, der den Spielern Respekt abverlangt, den er aber auch ihnen entgegen bringt. Der Coach redet wenig von den Schwächen seiner Spieler – er spricht lieber über ihre Stärken. Er macht sie stark. Eine Kunst, die in Bremen zuletzt ein gewisser Otto Rehagel beherrscht hatte.

Ängste hat er ausgemacht im Profikader, Verkrampfung. „Die gilt es zu lösen“, meint er und traut sich doch glatt, solche unter Magath als Teufelswerk verrufenen Attribute, wie Spaß und Freude am Fußball ins Spiel zu bringen. „Ich will versuchen, wieder Leidenschaft in den Spielern zu wecken“, erzählt er der Presse – und wirkt dabei fast leidenschaftslos. Aber die müssen auch nicht spielen. Bei den Spielern ist er ein anderer – da kommen seine Ansagen anders rüber. „Und darauf kommt es schließlich auch an“, sagt Schaaf, das Bremer Urgestein. Sven Bremer