Weserflohmarkt soll entschmuddelt werden

■ Kritiker fordern neue Konzeption für den samstäglichen Markt am Martini-Anleger / Droht gar das Aus für den chaotischen Multi-Kulti Mix? / Entschieden wird im Spätsommer

Fast direkt unter der Wilhelm Kaisen-Brücke, am Rand des samstäglichen „Weserflohmarktes“ steht ein Mann, der Kosten spart. Für wenig Geld und mit viel Sachverstand friemelt er Telefonkabel für den Internet-Zugang zusammen, die im Geschäft das Doppelte kosten würden. Neben ihm verkaufen Deutsche, Polen und Türken Zeitschriften in allen erdenklichen Sprachen, Wasserhähne, Second-Hand-Klamotten oder Computerspiele.

Doch der Flohmarkt am Martini-Anleger ist ins Kreuzfeuer der Kritik geraten. Vor allem Vertreter der Bremer Touristik Zentrale sind nun, da die Schlachte für mehr als 40 Millionen Mark fast fertig aufgepeppt ist, nicht mehr zufrieden mit dem Billig-flair des Weserflohmarkts. „Die Schlachte wird bald ein Anziehungspunkt für die gesamte Region – da muß man sich überlegen, ob das derzeitige Konzept noch paßt“, sagt der Geschäftsführer der Bremer-Touristik-Zentrale, Peter Siemering, denn: „Das äußere Bild des Flohmarktes paßt sicherlich nicht zu dem, was wir in Zukunft am selben Ort anbieten wollen“. Siemering wünscht sich ein „maritimes Angebot, das zur Schlachte paßt“. Auch von der Stiftung Wohnliche Stadt wird berichtet, daß einige Vertreter einen repräsentativeren Altwarenmarkt haben wollen.

Zuviel Müll bleibe jeden Samstag nachmittag liegen, wird von Kritikern offiziell moniert. Dazu kommt angeblich eine starke Lärmbelästigung für Anwohner. Auch die Darstellungsform der feilgebotenen Waren scheint nicht opportun: In den meisten Fällen liegen die Waren schlicht auf Wolldecken, die auf dem Boden ausgebreitet werden. Das Sortiment sei zu allem Überfluß nicht typisch für einen wirklichen Flohmarkt: zu viele Neuwaren wie Parfum, Elektroartikel, Kleider oder Werkzeuge würden jedes Wochenende verramscht.

Der Schmuddel-Charakter des Flomarktes ist schlecht fürs Geschäft. Neben mehreren Gastronomie-Schiffen sollen an der Schlachte eine Kogge, ein Museumsschiff und ein Tanzschiff andocken. Da paßt ein Multi-Kulti-Flohmarkt nicht ins Bild. Droht jetzt das Aus für den chaotischen Multi-Kulti-Mix an der Weser?

Schon vor einigen Monaten sickerte bis ins Ortsamt Mitte durch, daß es Pläne für eine Neukonzep-tion, vielleicht gar eine Auflösung des Flohmarktes gibt. Der Beirat reagierte schnell: Alle beteiligten Seiten, vom Wirtschaftssenator über den Flohmarktbetreiber Bremer Großmarkt GmbH bis hin zu den Anwohnern wurden in die Sitzung geladen, um die Wogen zu glätten. Die Großmarkt GmbH, für die die Organisation des Flohmarktes ein einträgliches Geschäft ist, legte zwei Konzepte vor, die im wesentlichen den Erhalt des Flohmarktes vorsahen. Ein wenig ordentlicher sollte es werden, damit Touristenströme ohne visuelle Gegenreize direkt an die Biertische der Gastronomie-Schiffe gelotst werden können. Die Stände sollen nicht mehr in zwei Reihen aufgestellt werden, damit der direkte Zugang zum Weserufer und zu den Schiffsanlegern frei bleibt.

Die SPD-Vertreter im Beirat wollten dem Flohmarkt damals eigentlich den Garaus machen. Doch nachdem sich auf der Beiratssitzung mehrere Bewohner für den Erhalt des Flomarktes ausspachen, kamen die Sozialdemokraten ins Grübeln. In einer nichtöffentlichen Ausschußsitzung schwenkten sie mit ihrer Meinung um.

Alles wieder in trockenen Tüchern? In einer Arbeitsgemeinschaft mit Vertretern von Großmarkt, Stadtplanungsamt, Bau-, Wirtschafts- und Innenressort, Ortsamt und Stiftung Wohnliche Stadt wird derzeit weiter an einem neuen Konzept gearbeitet, um den Flohmarkt herzeigbarer zu gestalten. Spätestens wenn die Umbauarbeiten an der Schlachte im Spätsommer abgeschlossen sein werden, sollen die neuen Vorstellungen präsentiert werden. Klar ist jetzt schon: Klein- und Billiganbieter werden verdrängt.

cd